Rz. 86

Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist (Abs. 2 Satz 1). Das Arbeitsgericht entscheidet im Beschlussverfahren.[1] Antragsgegner ist der Betriebsrat. In dem Verfahren ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter (Abs. 2 Satz 2). Dies gilt gemäß § 103 Abs. 2a BetrVG entsprechend für Betriebe, in denen kein Betriebsrat besteht.

 

Rz. 87

Mit dem Antrag kann ein Antrag auf Amtsenthebung verbunden werden.[2]

 

Rz. 88

Der Arbeitgeber kann das Zustimmungsersetzungsverfahren erst einleiten, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert oder sie nach Ablauf der Äußerungsfrist als verweigert gilt (vgl. Rz. 71). Die Beteiligung des Betriebsrats ist eine Verfahrensvoraussetzung. Ein vor seiner Entscheidung gestellter Zustimmungsersetzungsantrag wird auch nicht mit der Zustimmungsverweigerung zulässig.[3] Der Antrag kann auch nicht unter der Bedingung gestellt werden, dass der Betriebsrat die Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung verweigert.[4]

 
Hinweis

Ob der Betriebsrat rechtzeitig angerufen wurde, um die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu wahren (vgl. Rz. 81 ff.), gehört dagegen nicht mehr zu den Verfahrensvoraussetzungen, sondern ist eine Frage der Begründetheit des Antrags[5].

 

Rz. 89

Auch wenn der Arbeitgeber es versäumt, das Zustimmungsersetzungsverfahren innerhalb der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB einzuleiten (bzw. bei einem schwerbehinderten Betriebsratsmitglied in entsprechender Anwendung des § 174 Abs. 5 SGB IX unverzüglich nach Zustimmung des Integrationsamts oder Eintritt der Zustimmungsfiktion (vgl. auch Rz. 84)), ist sein Antrag zwar zulässig, aber nicht begründet[6].

 

Rz. 90

Hat das Arbeitsgericht bereits eine Ersetzung der Zustimmung abgelehnt, weil der Tatvorwurf, welcher der Kündigung zugrunde liegt, nicht hinreichend war, so ist ein erneuter Antrag nur statthaft, wenn neue Tatsachen die Ersetzung der Zustimmung zulassen würden. Ansonsten steht die Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung entgegen. Dies kann der Fall sein, wenn nach einer außerordentlichen Verdachtskündigung das Betriebsratsmitglied zu einem späteren Zeitpunkt strafrechtlich verurteilt wird.[7]

 

Rz. 91

Ein bereits eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG erledigt sich nicht, sondern kann fortgeführt werden, wenn der Mandatsträger seinen vollen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG durch Rücktritt vom Betriebsratsamt verliert, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hiermit ein neuer voller Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG als Wahlvorstandsmitglied begründet wird und der Arbeitgeber in dem Zeitraum, in dem die außerordentliche Kündigung des Mandatsträgers nicht der Ersetzung der Zustimmung des Betriebsratsgremiums durch das Arbeitsgericht bedurfte, aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage war, eine Kündigung auszusprechen.[8]

[2] Vgl. BAG, Beschluss v. 22.8.1974, 2 ABR 17/74, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 1.
[3] Ebenso BAG, Beschluss v. 7.5.1986, 2 ABR 27/85, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 18; BAG, Urteil v. 24.10.1996, 2 AZR 3/96, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 32; LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 17.8.2000, 4 TaBV 46/99, BeckRS 2000, 307863222.
[4] Ebenso BAG, Beschluss v. 7.5.1986, 2 ABR 27/85, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 18.
[5] Ebenso BAG, Beschluss v. 20.3.1975, 2 ABR 111/74, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 2.
[6] Vgl. BAG, Urteil v. 18.8.1977, 2 ABR 19/77, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 10; BAG, Beschluss v. 7.5.1986, 2 ABR 27/85, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 18.

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