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Die Vorschriften des KSchG über den allgemeinen Kündigungsschutz gelten nicht für unmittelbare Organvertreter einer juristischen Person. Dies sind die Mitglieder von Organen, die zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen sind. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG knüpft allein an die organschaftliche Stellung an und erfasst ohne Unterschied alle organschaftlichen Vertreterinnen und Vertreter einer juristischen Person. Es handelt sich um eine negative Fiktion, die unabhängig davon greift, ob im Einzelfall das der Organstellung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausnahmsweise nicht als freies Dienstverhältnis, sondern als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.[1]

Vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen sind damit z. B.

Daran ändert auch nichts, dass nach der Danosa-Entscheidung des EuGH[3] davon auszugehen ist, dass GmbH-Geschäftsführer regelmäßig Arbeitnehmer im unionsrechtlichen Sinne sind.[4] Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist aber weiter als der nationale deutsche Begriff. Nach deutschem Verständnis begründet allein das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht der Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer keine Arbeitnehmerstellung. Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit dem implizit in § 611a BGB geregelten Arbeitnehmerbegriff gegen die Übernahme des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs in das nationale Recht entschieden.[5] Das Unionsrecht steht der Herausnahme des (Fremd-)Geschäftsführers aus dem allgemeinen Kündigungsschutz nicht entgegen; der im ersten Abschnitt des KSchG eingeräumte allgemeine Kündigungsschutz basiert nicht auf Unionsrecht und setzt – anders als z. B. das MuSchG, das BUrlG oder die Massenentlassungsregelungen – keine europäischen Richtlinien um.[6]

Da das allgemeine Kündigungsschutzrecht nicht unionsrechtlich determiniert ist, verbleibt es beim nationalen Arbeitnehmerbegriff wie er sich aus § 611a BGB ergibt, denn dieser gilt einschränkungslos, sofern das Unionsrecht nicht betroffen ist.[7] Eine generelle Ausdehnung des Arbeitnehmerbegriffs des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG auf Fremdgeschäftsführer einer GmbH – unabhängig davon, ob ihr Beschäftigungsverhältnis (ausnahmsweise) die Kriterien eines Arbeitsverhältnisses erfüllt – ist nach der zutreffenden Rechtsprechung des BAG verfassungsrechtlich nicht geboten.[8]

An der Stellung als Organmitglied i. S. d. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ändert sich auch durch Beschränkungen der Vertretungsmacht nichts.[9] Beschränkungen der Vertretungsmacht durch arbeits- oder gesellschaftsrechtliche Weisungen im Innenverhältnis i. S. v. § 37 Abs. 1 GmbHG sind nach § 37 Abs. 2 GmbHG für die gesetzliche Vertretung im Außenverhältnis ohne rechtliche Wirkung.[10]

Das sich aus § 37 GmbHG und gegebenenfalls dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ergebende unternehmerische Weisungsrecht der Gesellschaft begründet grundsätzlich noch keine mit einem Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit, sondern dient nur der Abgrenzung der Kompetenzen der Organe der Gesellschaft.[11]

Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags, tätig.[12] Er verkörpert als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft (§ 35 GmbHG) den Arbeitgeber. Er nimmt Arbeitgeberfunktionen wahr und ist deshalb keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine im Arbeitgeberlager stehende Person.[13]

Im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH kann aber vereinbart werden, dass die materiellen Regeln des KSchG zugunsten des Organmitglieds gelten sollen.[14]

 

(nach BGH v. 10.5.2010, II ZR 70/09[15])

Im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag wird u. a. Folgendes vereinbart:

"Der Vertrag wird auf unbestimmte Dauer geschlossen. Dieser Vertrag kann ab 1.1.2021 mit einer Kündigungsfrist von 9 Monaten zum Quartalsende gekündigt werden. Für den Geschäftsführer gilt dieselbe Kündigungsfrist. Für die Kündigung gelten im Übrigen zugunsten des Geschäftsführers die Bestimmungen des deutschen Kündigungsschutzrechts für Angestellte. Das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrags aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt. "

Nach Auffassung des BGH ist eine entsprechende Vereinbarung kein unzulässiger Eingriff in die durch das GmbHG ausgestaltete Organfunktion. Die Vorschriften des KSchG stehen ihr ...

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