Rz. 12

Wenn sich der Arbeitnehmer für die Fortsetzung des alten, unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnisses entscheidet, muss er gegenüber dem alten Arbeitgeber keine besondere Erklärung abgeben. Es reicht aus, dass er die Wochenfrist des § 12 KSchG verstreichen lässt (hierzu unten Rz. 31).

 

Rz. 13

Allerdings muss er sich regelmäßig von dem neuen Arbeitsverhältnis lösen, da dieses i. d. R. zeitlich mit dem alten Arbeitsverhältnis nicht in Einklang zu bringen ist.

 
Hinweis

§ 12 KSchG enthält kein Sonderkündigungsrecht zur Beendigung des neuen Arbeitsverhältnisses nach rechtskräftig gewonnenem Kündigungsschutzprozess gegen den alten Arbeitgeber. Grds. hat der Arbeitnehmer deshalb (nur) die Möglichkeit, das neue Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen.[1] Dies kann anders sein, wenn er im neuen Arbeitsverhältnis für diesen Fall arbeitsvertraglich eine besondere Vereinbarung getroffen hat, z. B. eine Rücktrittsvereinbarung oder eine auflösende Bedingung, wozu er allerdings nicht verpflichtet ist.[2]

 

Rz. 14

Bei Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitnehmer die Arbeit nach entsprechender Aufforderung des Arbeitgebers aufnehmen. Kann er einer solchen Aufforderung nicht umgehend Folge leisten, weil er zuvor das neue Arbeitsverhältnis unter Beachtung der Kündigungsfrist noch beenden muss, berechtigt dies den alten Arbeitgeber aber nicht ohne Weiteres zum Ausspruch einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung. Die Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses lag wegen der damit verbundenen Anrechnung des erzielten Zwischenverdienstes im Interesse des alten Arbeitgebers.[3] Der Arbeitnehmer ist deshalb berechtigt, das neue Arbeitsverhältnis noch ordnungsgemäß abzuwickeln, insbesondere die Kündigungsfrist einzuhalten. Der Nichtantritt zur Arbeit stellt in diesem Fall keine zur Kündigung berechtigende Arbeitsverweigerung dar; der Arbeitnehmer hat insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht.[4]

 

Rz. 15

Der Arbeitnehmer ist aber verpflichtet, den alten Arbeitgeber über die maßgeblichen (Kündigungs-)Fristen zur Beendigung des neu begründeten Arbeitsverhältnisses zu informieren. Eine solche Verpflichtung rechtfertigt sich daraus, dass der Arbeitgeber seinen Betriebsablauf entsprechend disponieren muss und er grds. keine Kenntnis über die Vertragsmodalitäten des Arbeitnehmers hat, die dieser mit dem neuen Arbeitgeber eingegangen ist.[5] Äußert er sich allerdings weder innerhalb der Erklärungsfrist des § 12 Satz 1 KSchG noch nach Ablauf dieser Frist, wenn er von dem alten Arbeitgeber zur Arbeitsaufnahme aufgefordert wurde, kann er sich zur Rechtfertigung seiner Leistungsverweigerung gegenüber dem alten Arbeitgeber nicht darauf berufen, dass ihm noch die Möglichkeit einzuräumen sei, das neu begründete Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kündigungsfrist aufzulösen. Bleibt er trotz der Aufforderung zur Arbeitsaufnahme durch den alten Arbeitgeber der Arbeit fern, kann dies je nach den Umständen nach vorheriger Abmahnung eine ordentliche, ausnahmsweise auch eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen[6], z. B. wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit bewusst nicht erbringt und weiterhin nicht erbringen will, obwohl er zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Eine Arbeitspflicht besteht aber grds. nur im ungekündigten Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer verletzt deshalb regelmäßig keine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in einem von ihm angestrengten Kündigungsschutzprozess davon absieht, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft anzubieten.[7] Überdies gibt § 12 KSchG einem Arbeitnehmer, der im Verlauf eines Kündigungsschutzprozesses ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, gerade die Möglichkeit, binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem zu verweigern. Vor Ablauf der Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG ist er zu einer solchen Erklärung aber nicht verpflichtet (vgl. Rz. 21. ff, 32).[8]

 

Rz. 16

Etwas anderes kann gelten, wenn der Arbeitnehmer im neuen Arbeitsverhältnis eine unverhältnismäßig lange Kündigungsfrist vereinbart hat oder ein länger laufendes befristetes Arbeitsverhältnis ohne Kündigungsmöglichkeit vor Befristungsende eingegangen ist. Ob und wann dies der Fall ist, hängt immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Unter Umständen ist es dem alten Arbeitgeber zumutbar, die Dauer der längeren Kündigungsfrist oder die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrags durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen oder die Einstellung eines Vertreters zu überbrücken. Kann dem Arbeitgeber dies im Einzelfall nicht zugemutet werden und ist er auf die kurzfristige Arbeitsaufnahme angewiesen, kommt eventuell eine verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung in Betracht.[9]

 

Rz. 17

Nach der Beendigung des neuen Ar...

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