Rz. 9

Weitere Voraussetzung für den Annahmeverzug des Arbeitgebers ist, dass der Arbeitnehmer nach Zugang der fristlosen Kündigung bzw. nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist auch leistungsfähig ist.[1] An der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers fehlt es z. B., wenn

  • er arbeitsunfähig krank ist[2],
  • eine Schwerbehinderung die Erbringung der geschuldeten Arbeit unmöglich macht[3],
  • einem Berufskraftfahrer die Fahrerlaubnis entzogen wird[4],
  • er keine Arbeitserlaubnis hat[5].
 
Hinweis

Ist ein Arbeitnehmer, der Ansprüche aus Annahmeverzug geltend macht, objektiv aus gesundheitlichen Gründen außer Stande, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, so kann das fehlende Leistungsvermögen nicht allein durch die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers ersetzt werden, er sei trotzdem gesundheitlich in der Lage, einen Arbeitsversuch zu unternehmen.[6]

 

Rz. 10

Macht der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer rechtsunwirksamen Kündigung des Arbeitgebers Ansprüche auf Verzugslohn für die Vergangenheit geltend, hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außerstande und subjektiv nicht zur Leistung bereit ist. Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht zur Beweislastumkehr, sondern zur Modifizierung der Darlegungslast.[7] Dabei darf der Arbeitgeber die Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers während des Streitzeitraums nicht "ins Blaue hinein" behaupten. Trägt er aber ausreichende Indiztatsachen vor, die die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ergeben können, dürfen die Arbeitsgerichte den hierfür angebotenen Beweis nicht als ungeeignet ablehnen. Als Indiztatsachen kommen etwa Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor und nach dem Verzugszeitraum in Betracht; außerdem die Nichtaufnahme der Arbeit nach erfolgreichem Betreiben der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel.[8] Der Arbeitnehmer muss sich dann substanziiert einlassen, um die Indizwirkung zu erschüttern und ggf. die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden. Erst wenn die Frage der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers auch nach Ausschöpfung der Beweismittel, insbesondere nach Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, nicht geklärt werden kann, geht das zulasten des Arbeitgebers.[9]

[4] BAG, Urteil v. 18.12.1986, 2 AZR 34/86, NZA 1987, 377; da der Arbeitnehmer wegen des Entzugs der Fahrerlaubnis seine vertragliche Hauptpflicht zunächst nicht erfüllen kann, setzt ein Annahmeverzug des Arbeitgebers nach Auffassung des BAG vielmehr weiter voraus, dass er es unterlassen hat, dem Arbeitnehmer vorübergehend eine mögliche und zumutbare andere Beschäftigung anzubieten.

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