Rz. 463

  • Abkehrwille, also das Treffen von Vorbereitungen, um ein anderes Arbeitsverhältnis einzugehen oder sich selbstständig zu machen, an sich rechtfertigt keine verhaltensbedingte Kündigung (vgl. auch BAG, Urteil v. 22.10.1964, 2 AZR 515/63[1]: Bei erkennbarem Abkehrwillen kann dann eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber eine Ersatzkraft einstellt). Ausnahmen gelten bei Tätigkeiten für Konkurrenzunternehmen (s. unter "Konkurrenztätigkeit").
 

Rz. 464

  • Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsangebots durch den Arbeitgeber, bei einer Vermittlungsgesellschaft tätig zu sein, obwohl eine eindeutige verpflichtende tarifvertragliche Regelung besteht, kann zur Kündigung führen (BAG, Urteil v. 2.2.2006, 2 AZR 222/05[2]); s. auch Rz. 346.
 

Rz. 465

  • Abwerbemaßnahmen des Arbeitnehmers gegenüber Kollegen sind kündigungsrelevant, wenn sie mit unlauteren Mitteln oder in verwerflicher oder sittenwidriger Weise erfolgen, z. B. weil Kollegen zu Vertragsbruch veranlasst werden (BAG, Urteil v. 22.11.1965, 3 AZR 130/65[3]: Zulässig ist allerdings ein Abwerben nach ordnungsgemäßer Beendigung des Arbeitsverhältnisses).
 

Rz. 466

  • Alkoholmissbrauch: Ein Verstoß gegen ein betriebliches Alkoholverbot kann eine Kündigung rechtfertigen. Ohne ausdrückliches Verbot liegt ein Kündigungsgrund vor, wenn der Alkoholgenuss die Arbeitsleistung erheblich beeinträchtigt oder eine Gefahrenquelle schafft. Alkoholmissbrauch im privaten Bereich mit Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich ist kündigungsrelevant. Bei Arbeitnehmern, deren Arbeit mit besonderen Gefahren für andere verbunden ist (z. B. Berufskraftfahrer), reicht u. U. ein einmaliger Verstoß (BAG, Urteil v. 4.6.1997, 2 AZR 526/96[4]; BAG, Urteil v. 23.9.1986, 1 AZR 83/85[5]). Allerdings ist in allen Fällen zu differenzieren, ob der Alkoholgenuss auf Alkoholismus beruht, denn dann kommt grds. mangels Verschuldens nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht, da Alkoholismus eine Krankheit im medizinischen Sinne darstellt (BAG, Urteil v. 9.4.1987, 2 AZR 210/86[6]; BAG, Urteil v. 26.1.1995, 2 AZR 649/94[7]; BAG, Urteil v. 22.7.1982, 2 AZR 30/81[8]). Es kann allerdings eine verhaltensbedingte Kündigung dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft seine Alkoholabhängigkeit herbeigeführt hat, etwa bei einem Rückfall nach erfolgreicher Beendigung einer Entwöhnungskur (BAG, Urteil v. 7.12.1989, 2 AZR 134/89[9]). Will sich der Arbeitnehmer bei einem aufgrund objektiver Anhaltspunkte bestehenden Verdacht der Alkoholisierung mithilfe eines Alkoholtests entlasten, muss er i. d. R. den entsprechenden Wunsch wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht von sich aus äußern (BAG, Urteil v. 16.9.1999, 2 AZR 123/99[10]); s. auch "Drogenkonsum"
 

Rz. 467

  • Androhung einer künftigen Erkrankung, obwohl der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ankündigung nicht krank war und sich aufgrund bestimmter Beschwerden auch nicht krank fühlen konnte, ist die Kündigung gerechtfertigt ohne Rücksicht auf eine spätere Erkrankung (BAG, Urteil v. 5.11.1992, 2 AZR 147/92[11]). Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen (BAG, Urteil v. 12.3.2009, 2 AZR 251/07[12]).
 

Rz. 468

  • Anzeigen/Aussagen gegen den Arbeitgeber/Prozessverhalten: Erstattet der Arbeitnehmer wegen eines vermeintlich strafbaren Verhaltens des Arbeitgebers Strafanzeige, liegt hierin i. d. R. keine eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung. Erfolgt dies jedoch wider besseren Wissens oder leichtfertig, obwohl ihm die Haltlosigkeit des Vorwurfs erkennbar war, zerstört der Arbeitnehmer damit ggf. irreparabel das notwendige Vertrauensverhältnis (Überschießender Strafantrag: BAG, Urteil v. 15.12.2016, 2 AZR 42/16[13]). Bei einer Drohung mit oder bei der Erstattung einer Strafanzeige gegen den Arbeitgeber kommt es nicht nur auf deren Berechtigung, sondern auch auf die konkreten Motive des Arbeitnehmers an. Erfolgt sie ausschließlich, um den Arbeitgeber zu schädigen, kann dies eine Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil v. 3.7.2003, 2 AZR 235/02[14]). Allerdings kann das öffentliche Interesse so hoch sein, dass es das Interesse des Unternehmens am Schutz seines Rufs und seiner Geschäftsinteressen überwiegt (EGMR, Urteil v. 21.7.2011, Heinisch/Deutschland 28274/08). Das BAG überträgt die Grundsätze sinngemäß auf den Bereich innerbetrieblicher Anzeigen (BAG, Urteil v. 27.9.2012, 2 AZR 646/11[15]). Bei Meldung von Sicherheitsbedenken kann der Arbeitnehmer verpflichtet sein, den Arbeitgeber zuvor auf einen regelwidrigen Zustand hinzuweisen oder – bei Zumutbarkeit – innerbetriebliche Abhilfe zu suchen; dies gilt allerdings regelmäßig nicht, wenn es sich um schwerwiegende Vorwürfe handelt, die von dem Arbeitgeber selbst beg...

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