Rz. 54

Auch die Berücksichtigung weiterer Aspekte und Interessen ist nicht ausgeschlossen.

Dies gilt beispielsweise für das Lebensalter.[1] Je geringer der Bezug dieser Aspekte zum Arbeitsverhältnis ist, desto weniger Gewicht kann ihnen allerdings im Rahmen der Interessenabwägung beigemessen werden.[2] Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers kann nur Anlass für eine Kündigung sein, soweit es für das Arbeitsverhältnis bedeutsam ist.[3]

 

Rz. 55

Zwar sind die allgemeine Arbeitsmarktlage[4] und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers nicht berücksichtigungsfähig[5], wohl aber die Chance des gekündigten Arbeitnehmers, auf dem Arbeitsmarkt eine neue Anstellung zu finden.[6]

 

Rz. 56

Bloße Rechtsfolgen der Kündigung, wie z. B. Schadensersatzansprüche aus § 628 BGB oder der Verlust weiterer Vergütungsansprüche, sind in die Interessenabwägung grds. nicht einzustellen.[7]

 

Rz. 57

Unterhaltspflichten werden vom BAG indes berücksichtigt, es sei denn, es handelt sich um ein vorsätzliches Vermögensdelikt zulasten des Arbeitgebers.[8] Dabei bestehe regelmäßig kein konkreter Bezug zwischen dem Kündigungsgrund und den ausschließlich dem Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzurechnenden Unterhaltspflichten. Dies dürfte für sämtliche Fälle der verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung gelten. Eine (Rück-)Ausnahme nimmt das Gericht allerdings an, wenn Anlass der Tat eine wesentlich durch die Unterhaltslage bedingte schlechte Vermögenslage des Arbeitnehmers war.[9]

 

Rz. 58

Nicht berücksichtigt werden kann, dass der gekündigte Arbeitnehmer Mitglied des Betriebsrats ist; hinsichtlich der Beurteilung des wichtigen Grundes stehen Betriebsratsmitglieder anderen Arbeitnehmern gleich.[10]

 

Rz. 59

In der fehlenden Mitwirkung des Arbeitnehmers an der Aufklärung eines möglicherweise kündigungsrelevanten Sachverhalts liegt grds. keine Nebenpflichtverletzung (vgl. § 241 Abs. 2 BGB), die für sich genommen eine Kündigung rechtfertigen könnte. Der Arbeitnehmer muss sich weder selbst belasten, noch kann er gezwungen werden, dem Arbeitgeber Tatsachenmaterial zu liefern, um dessen Kündigung zu rechtfertigen.[11]

[2] KR/Fischermeier, 12. Aufl. 2019, § 626 BGB, Rz. 252 auch zu Gegenmeinungen.
[3] Hierzu Liebscher, § 1 KSchG Rz. 360 ff.
[4] BeckOGK/Günther, Stand: 1.5.2023, § 626 BGB, Rz. 219.
[5] Anders allerdings BAG, Urteil v. 22.2.1980, 7 AZR 295/78, NJW 1981, 298, 301, für den Fall der krankheitsbedingten ordentlichen Kündigung.
[6] KR/Fischermeier/Krumbiegel, 13. Aufl. 2022, § 626 BGB, Rz. 255 und 257.
[7] KR/Fischermeier/Krumbiegel, § 626 BGB, Rz. 257.
[11] BAG, Urteil v. 23.10.2008, 2 AZR 483/07, DB 2009, 1544, 1545 m. w. N.

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