Rz. 32

Davon abzugrenzen ist der sog. Abwicklungsvertrag, bei dem das Arbeitsverhältnis aufgrund eines anderen Beendigungsgrunds – meist einer Kündigung – endet und die Parteien die anderweitige Beendigung kraft Einigung unstreitig stellen.[1] Ferner werden im Abwicklungsvertrag üblicherweise die Abwicklungsmodalitäten, d. h. die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Beendigung geregelt. Sofern der Abwicklungsvertrag nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG abgeschlossen wird, droht dem Arbeitnehmer eine Sperrzeit hinsichtlich seines Arbeitslosengeldanspruchs nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (vgl. Rz. 44 ff.).

 

Rz. 33

Der Abwicklungsvertrag fällt nicht unter das gesetzliche Schriftformerfordernis[2], da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch die Vereinbarung der Parteien herbeigeführt wird und daher die Warn- und Beweisfunktion der Norm nicht eingreift. Dasselbe gilt, wenn sich die Parteien im Kündigungsschutzverfahren darauf einigen, dass die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis wirksam beendet hat. Nicht überzeugend ist hingegen die Auffassung des BAG, § 623 BGB gelte jedenfalls für solche Klageverzichtsvereinbarungen, die im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung getroffen werden. Entscheidend sei, ob aufgrund des Vertrags die Auflösung des Arbeitsverhältnisses unausweichlich eintrete.[3] Mittlerweile formuliert das BAG diesbezüglich deutlich zurückhaltender: Zwischen Kündigung und Klageverzicht sei ein Zusammenhang erforderlich, der die Annahme rechtfertige, Kündigung und Klageverzicht seien gemeinsam nur ein anderes Mittel, um das Arbeitsverhältnis in Wirklichkeit im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen. Allein die zeitliche Nähe zwischen Klageverzicht und Erhalt der Kündigung reiche allerdings nicht, um den erforderlichen Zusammenhang für die Annahme zu begründen; Kündigung und Klageverzicht müssten als ein einheitliches Rechtsgeschäft zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses anzusehen sein.[4]).

 

Rz. 34

Wenn die vor Abschluss der Abwicklungsvereinbarung ausgesprochene Kündigung unwirksam war oder jedenfalls die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu dem darin vorgesehenen Termin bewirken kann, soll das Schriftformerfordernis nach h. M. auch für die Abwicklungsvereinbarung anwendbar sein.[5] Dieser Fall dürfte in der Praxis aber kaum eine Rolle spielen. Denn selbst wenn die Parteien sich vorab auf eine Kündigung mit anschließendem Abwicklungsvertrag einigen, stellt die Kündigung kein nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksames Scheingeschäft dar.[6] Außerdem stellen die Parteien die Frage der Unwirksamkeit der Kündigung durch die Einigung auf den Abwicklungsvertrag gerade außer Streit, wodurch der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet.[7] Abgesehen davon ist in der Praxis aber schon aus Beweisgründen zu empfehlen, auch bei Abwicklungsverträgen die Schriftform einzuhalten.

[1] Zum Begriff des Abwicklungsvertrags BAG, Urteil v. 25.4.2007, 6 AZR 622/06, ZIP 2007, 1875, Rz. 21; BAG, Urteil v. 15.2.2005, 9 AZR 116/04, NZA 2005, 1117, 1121; Hümmerich, NJW 2004, 2921.
[2] BAG, Urteil v. 17.12.2015, 6 AZR 709/14, NZA 2016, 361, Rz. 32; BAG, Urteil v. 23.11.2006, 6 AZR 394/06, NZA 2007, 466, Rz. 19; Hümmerich, NJW 2004, 2921, 2926; Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 354; a. A. Richardi, NZA 2001, 57, 61.
[3] BAG, Urteil v. 19.4.2007, 2 AZR 208/06, NZA 2007, 1227, 1229 f.; zu Recht krit. Bauer/Günther, NJW 2008, 1617; Müller, BB 2013, 1653.
[4] BAG, Urteil v. 25.9.2014, 2 AZR 788/13, NZA 2015, 350, 353, Rz. 27 f.
[5] Müller-Glöge/v. Senden, AuA 2000, 199, 200; ErfK/Müller-Glöge, § 623 BGB, Rz. 8.
[7] Vgl. nur Bauer/Krieger, NZA 2006, 306, 307.

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