Rz. 16

Unter Nichtannahme ist jedes Verhalten zu verstehen, das den Erfüllungseintritt verhindert.[1] Es handelt sich weder um eine geschäftsähnliche Handlung noch um einen ablehnenden Realakt. Eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung ist daher nicht erforderlich. Ausreichend ist vielmehr das tatsächliche Unterbleiben der Annahme.[2] Unerheblich ist dabei, ob der Arbeitgeber die Nichtannahme zu vertreten hat. Einem Irrtum über die tatsächliche oder rechtliche Lage kommt ebenfalls keine Bedeutung zu.[3] Generell ist eine Nichtannahme bei allen rechtswidrigen Ablehnungserklärungen anzunehmen. Darunter fallen etwa eine rechtswidrig vorgenommene Aussperrung sowie rechtswidrig angeordnete Kurzarbeit.[4] Hat der Arbeitgeber die Kurzarbeit hingegen rechtmäßig angeordnet, so führt dies zu einem teilweisen Wegfall der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers; Annahmeverzug tritt insoweit dann nicht ein. Der Arbeitnehmer behält den Lohnanspruch somit nur noch in Höhe des Kurzarbeitergeldes.[5] Eine rechtswidrige Ablehnungserklärung ist jedoch bei einer unwirksamen Änderungskündigung anzunehmen. Dies ergibt sich aus § 8 KSchG, der eine rückwirkende Unwirksamkeit der Änderungskündigung anordnet.[6] Nichtannahme liegt darüber hinaus vor, wenn der Arbeitgeber eine unwirksame Verlegung der Arbeitszeit vornimmt.[7] Wird der Arbeitnehmer unberechtigt von seiner Arbeit freigestellt, ist ebenfalls von einer Nichtannahme auszugehen.[8]

 

Rz. 17

In Ausnahmefällen ist der Arbeitgeber befugt, die angebotenen Dienste abzulehnen. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn die Annahme gegen ein gesetzliches Beschäftigungsverbot verstößt oder ihm nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens nicht zumutbar ist.[9] Für die Unzumutbarkeit reicht nicht jedes Verhalten aus, das zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Vielmehr ist neben einem besonders groben Vertragsverstoß die Gefährdung von Rechtsgütern des Arbeitgebers, seiner Familienangehörigen oder anderer Arbeitnehmer zu fordern.[10]

[1] MünchKomm/Henssler, § 615 BGB, Rz. 40; MünchArbR/Tillmanns, § 76, Rz. 39.
[2] HWK/Krause, § 615 BGB, Rz. 61; Staudinger/Richardi/Fischinger, § 615 BGB, Rz. 95.
[3] LAG Düsseldorf, Urteil v. 8.4.1993, 12 Sa 74/93, LAGE § 615 BGB Nr. 39.
[6] ErfK/Preis, § 615 BGB, Rz. 59.
[9] BAG, Urteil v. 21.10.2015, 5 AZR 843/14, NZA 2016, 688; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Fuchs/Baumgärtner, § 615 BGB, Rz. 25; ErfK/Preis, § 615 BGB, Rz. 62.

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