Rz. 8

Legt man die oben genannten Kriterien zugrunde, spielt es keine wesentliche Rolle, ob ein Betrieb oder ein Betriebsteil übergeht. Bei den übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um wesentliche Betriebsmittel einer organisatorischen Untergliederung handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck verfolgt, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt (BAG, Urteil v. 21.5.2008, 8 AZR 481/07[1]). § 613a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang nach ständiger Rechtsprechung des BAG voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten, also organisatorisch verselbstständigt waren (BAG, Urteil v. 17.12.2009, 8 AZR 1019/08[2]; ebenso EuGH, Urteil v. 6.3.2014, C-458/12 (Amatori)[3]). Unerheblich ist auch, ob der verbliebene Restbetrieb auf Dauer lebensfähig ist (BAG, Urteil v. 7.4.2011, 8 AZR 730/09[4]).

 

Rz. 9

Der Betriebsübergang folgt aus der Wahrung der Identität des Betriebsteils beim Erwerber und nicht aus dem Untergang der früheren Identität des Gesamtbetriebs (BAG, Urteil v. 13.11.1997, 8 AZR 375/96[5]). Ein Erwerber, der lediglich einzelne Betriebsmittel zur Erfüllung seiner bereits ausgeübten Tätigkeit erwirbt, übernimmt i. d. R. keinen Teilbetrieb (BAG, Urteil v. 18.3.1999, 8 AZR 196/98[6]).

 

Rz. 10

Noch nicht eindeutig geklärt ist die Frage, inwieweit es der Bewertung als funktionelle Einheit – und damit dem Vorliegen eines Betriebsteils – entgegensteht, wenn in einer Unternehmenssparte wechselnde Ressourcen eingesetzt werden und diese Personalsparten übergreifend rotieren. Das soll zumindest kein zwingendes Ausschlusskriterium sein (BAG, Urteil v. 27.2.2020, 8 AZR 215/19[7]).

 

Rz. 11

Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil zuzuordnen ist (BAG, Urteil v. 17.10.2013, 8 AZR 763/12[8]). Bei der Tätigkeit eines Arbeitnehmers für mehrere Betriebe oder Betriebsteile oder in einer zentralen Unternehmensorganisation richtet sich die Zuordnung des Arbeitnehmers nach objektiven Kriterien, hierzu zählen insbesondere die Funktion des Arbeitsplatzes, der Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers und eine tatsächliche Eingliederung in den Betrieb oder Betriebsteil (BAG, Urteil v. 20.7.1982, 3 AZR 261/80[9]).

 

Rz. 12

Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung durch den Arbeitgeber. Dieser kann und muss die Zuordnung im Rahmen seines Direktionsrechts vornehmen. Das kann auch konkludent durch eine tatsächliche Zuweisung von Tätigkeiten in einem Betriebsteil erfolgen (BAG, Urteil v. 17.10.2013, 8 AZR 763/12[10]). Eine Zuordnung kann auch im Interessenausgleich zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber erfolgen (BAG, Urteil v. 19.10.2017, 8 AZR 63/16[11]). Ohne eine solche Zuordnungsentscheidung ist der Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres einem bestimmten Betriebsteil zuzuordnen.

 

Rz. 13

Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Übergang eines Arbeitsverhältnisses (s. u. 6.), so ist er deshalb auch nicht automatisch einem bestehenden Restbetrieb zugeordnet, sein Arbeitsverhältnis geht nicht mit einem späteren Betriebsübergang dieses Restbetriebs über, wenn der Arbeitgeber ihn nicht erneut zugeordnet hat.[12] Der Arbeitnehmer hat auch keinen Anspruch auf eine Zuordnung zu einem anderen Betrieb (BAG, Urteil v. 21.2.2013, 8 AZR 877/11[13]). Eine Vereinbarung zwischen dem Betriebsveräußerer und Erwerber ist unerheblich (BAG, Urteil v. 24.1.2013, 8 AZR 706/11[14]). Für die Anwendung des § 613a BGB ist in Zweifelsfällen maßgeblich, auf welchen Betrieb oder Betriebsteil sich der Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers bezieht. Maßgebliche Kriterien sind dabei in erster Linie der zeitliche Aufwand und Arbeitseinsatz, aber auch der Arbeitsort und die Bedeutung der Tätigkeit für das gesamte Unternehmen sowie die Zuordnung zu vorgesetzten Mitarbeitern (BAG, Urteil v. 13.2.2003, 8 AZR 102/02[15]). Es gehen nur die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Betriebsinhaber über, die überwiegend dem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil zuzuordnen sind. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer in die Struktur des Betriebsteils eingegliedert ist. Nicht ausreichend ist es daher, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers – ggf. ausschließlich oder überwiegend – dem übergehenden Betriebsteil zugutegekommen ist. So etwa, wenn der Arbeitnehmer, ohne dem Betriebsteil anzugehören, als Beschäftigter einer (Verwaltungs-) Abteilung, die selbst nicht übertragen wurde, auch Tätigkeiten für den übertragenen Teil verrichtete (BAG, Urteil v. 21.1.1999, 8 AZR 298/98[16]).

[1] AP BGB § 613a Nr. 354: Reinigungsaufgaben in einem Krankenhaus; BAG, Urteil v. 27.1.2011, 8 AZR 326/09, AP BGB § 613a Nr. 402; BAG, Urteil v. 20.3.2014, 8 AZR 1/13, AP BGB § 613a Nr. 450.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge