Rz. 121
Die sog. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geht auf die Lehre vom "personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis"[1] zurück. Unter diesem Oberbegriff werden sämtliche Nebenleistungspflichten und Schutzpflichten, einschließlich der die Vertragspflicht fördernden Aufklärungs-, Auskunfts- und Unterrichtungspflichten zusammengefasst.[2] Sie ist demnach keine besondere Nebenpflicht, die über die Struktur allgemeiner Nebenpflichten im Austauschverhältnis hinausgeht.[3] Insbesondere steht sie nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitspflicht oder sogar der Treuepflicht des Arbeitnehmers.[4] Rechtssystematisch ist die Fürsorgepflicht, zumindest in bestimmten Ausprägungen, dem Grundsatz von Treu und Glauben zuzuordnen.[5] Soweit besondere gesetzliche Vorschriften die Nebenpflichten des Arbeitgebers konkretisieren, ist ein Rückgriff auf den allgemeinen Rechtsgedanken der Fürsorgepflicht nicht zulässig.[6] Der Ursprung derartiger Regelungen in der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kann im Einzelfall aber zu einer einschränkenden Auslegung veranlassen. In diesem Sinne hat das BAG eine Lohnfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG bei einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer In-vitro-Fertilisation abgelehnt, weil die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers lediglich das allgemeine Krankheitsrisiko, nicht aber die Realisierung eines Kinderwunsches erfasse.[7] Verursacht die Erfüllung der Fürsorgepflicht Kosten, so sollen diese durch eine Zumutbarkeit für den Arbeitgeber beschränkt sein.[8] Dies ist ein Unterfall der Begrenzung der Fürsorgepflicht über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.[9]
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