Rz. 100

Eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten ist grundsätzlich unzulässig. Weil aber eine Ungleichbehandlung zulässig ist, wenn ein Hilfskriterium zur Gruppenbildung verwandt wird, die ihrerseits auf eine gerechtfertigte Unterscheidung abzielt, kann es zulässig sein, wenn an die gewerblichen Arbeitnehmer wegen erheblich höherer krankheitsbedingter Fehlzeiten ein gekürzter 13. Monatslohn gezahlt wird, die Angestellten dagegen einzelvertraglich ein ungekürztes 13. Monatsgehalt erhalten.[1] Dies gilt nach Auffassung des BAG auch dann, wenn das Risiko der Erkrankung arbeitsbedingt unterschiedlich ist.[2] Dem ist das BVerfG entgegengetreten und hat eine Unterscheidung als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gewertet, solange nicht ausgeschlossen ist, dass der hohe Krankheitsstand auf von der Arbeitgeberseite zu verantwortenden gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen beruht.[3] Im Schrifttum wird weitergehend festgestellt, sachgerecht sei es allein, eine Kürzung der Gratifikation an den tatsächlichen Fehlzeiten der Arbeitnehmer festzumachen.[4] Dies berücksichtigt jedoch nicht ausreichend, dass hiermit ein unter Umständen erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden sein kann. Aus den gleichen Gründen ist es bedenklich, dass nach der Rspr. des BAG der unterschiedliche Fluktuationsgrad von Arbeitern und Angestellten für sich allein kein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal für eine Gratifikation ist.[5]

 

Rz. 101

Ein sachlicher Grund ist auch gegeben, wenn mit der Ungleichbehandlung der Zweck verfolgt wird, eine Benachteiligung der Angestellten bei der Zahlung übertariflicher Zahlungen auszugleichen.[6] Eine Sicherheitszulage rechtfertigt demgegenüber keine Differenzierung[7] und auch wenn es nur darum geht, den erhöhten finanziellen Bedarf zur Weihnachtszeit auszugleichen, ist eine Differenzierung unzulässig.[8] Gelten für Arbeiter und Angestellte unterschiedliche TV, so sind darauf begründete Unterschiede als Ausdruck der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG zulässig, erst recht wenn die TV durch unterschiedliche Tarifpartner ausgehandelt wurden.[9] Die verschiedenen Regelwerke bilden ein Gesamtergebnis der Verhandlungen, deren einzelne Teile nicht vergleichend gegenübergestellt werden können. Das Bedürfnis nach flexibler Personalplanung im produktiven Bereich rechtfertigt wegen produkt-, mode- oder saisonbedingter Auftragsschwankungen erheblich kürzere Grundkündigungsfristen und darauf aufbauende verlängerte Fristen bei längerer Betriebszugehörigkeit für Arbeiter, wenn diese im Gegensatz zu Angestellten ganz überwiegend nur in der Produktion tätig sind. Eine Unterscheidung unmittelbar nach der Mitarbeit in der Produktion ist nicht erforderlich.[10]

 

Rz. 102

Grundsätzlich aber gilt, dass unterschiedliche tarifliche Kündigungsfristen aufgrund pauschaler Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern unzulässig sind, soweit nicht zusätzlich rechtfertigende Gründe angeführt werden können. Sachlich gerechtfertigt sind hinreichend gruppenspezifisch ausgestaltete unterschiedliche Regelungen, die z. B. entweder nur eine verhältnismäßig kleine Gruppe nicht intensiv benachteiligen, oder funktions-, branchen- oder betriebsspezifischen Interessen im Geltungsbereich des TV mithilfe verkürzter Kündigungsfristen für Arbeiter entsprechen oder gruppenspezifische Schwierigkeiten bestimmter Arbeitnehmer bei der Stellensuche mildern.[11] Ein sachgerechter Grund für eine Differenzierung kann jedoch darin liegen, Arbeitnehmer durch eine höhere Gratifikation an den Betrieb zu binden, weil ihr Weggang zu besonderen Belastungen führt. Das gilt jedenfalls solange, wie der verfolgte Zweck sich typischerweise in der begünstigten Gruppe verwirklichen kann, währenddessen er in der benachteiligten Gruppe fehlt. Begründet der Arbeitgeber eine Begünstigung der Angestellten mit der Absicht, diese stärker an sich zu binden, hat er zugeschnitten auf seinen Betrieb darzulegen, aus welchen Gründen eine stärkere Bindung der Angestellten einem objektiven, wirklichen Bedürfnis entspricht.[12]

 

Rz. 103

Zulässig ist eine Differenzierung zwischen Pensionären und Aktiven, etwa bei der Bemessung von Jubiläumsgeldern[13] und auch zwischen Innen- und Außendienstmitarbeitern, wenn den Außendienstmitarbeitern erhebliche Trinkgelder zufließen.[14] Legt der Arbeitgeber bei der Berechnung der Betriebsrente irrtümlich Beschäftigungszeiten zugrunde, die nach dem Kündigungstermin der Betriebsvereinbarung über die Gewährung der Betriebsrente liegen, ist es ebenfalls zulässig, diese Beschäftigungszeiten nach Aufdeckung des Irrtums bei den Rentnern, nicht aber bei den Anwärtern zu berücksichtigen.[15] Unzulässig ist es, erkrankte Arbeitnehmer bei einer Lohnerhöhung allein aufgrund ihrer Erkrankung nicht zu berücksichtigen.[16] Ausgeschiedene oder ausscheidende Arbeitnehmer dürfen nach einer nicht unproblematischen Rspr. des BAG nicht von einer rückwirkenden Lohnerhöhung ausgeschlossen werden; die TV-Parteien haben hier jedoch einen größeren Gestalt...

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