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Zunächst wird auf der ersten Stufe ermittelt, ob die jeweilige Vorbehaltsklausel überhaupt rechtswirksam ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sie gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), gesetzliche Verbote (§ 134 BGB), Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen verstößt.[1]

Maßgeblich zur Beurteilung der Zulässigkeit ist dabei die Zumutbarkeit des Widerrufsvorbehalts für den Arbeitnehmer nach § 308 Nr. 4. Zumutbar ist ein Widerrufsvorbehalt nach Ansicht des BAG dann, wenn ein den Widerruf rechtfertigender Grund existiert und dieser erkennbar ist, also die möglichen Widerrufsgründe in der Klausel selbst benannt sind.[2]

Der Widerrufsvorbehalt ist darüber hinaus nur dann zumutbar, wenn er als Anpassungsinstrument aufgrund der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse notwendig ist. Hier ist eine Interessenabwägung durchzuführen, die sich insbesondere an der Stellung des Arbeitnehmers, der Art und Höhe der widerrufenen Leistung und des verbleibenden Verdiensts richtet.[3]

Der sachliche Grund muss ausreichend präzise in der Klausel beschrieben sein, insbesondere muss mindestens die entsprechende Richtung, auf die sich als Grund gestützt wird, angeführt werden. Nur pauschal auf "wirtschaftliche Gesichtspunkte" abzustellen, ist unzureichend.[4] Ebenfalls genügt nicht, allein auf die "wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens" abzustellen.[5] Die "wirtschaftliche Notlage" ist dagegen ein ausreichend präziser sachlicher Grund.[6]

Ein Grund ist nur dann geeignet, den Widerruf zu rechtfertigen, soweit er zum einen nicht in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingreift. Hier wird der Gedanke des Kündigungsschutzes als Maßstab herangezogen, wobei es unerheblich ist, ob dieser auf das konkrete Arbeitsverhältnis Anwendung findet oder nicht.[7] Dabei wird von der Rechtsprechung angenommen, dass wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrags einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde, eine Umgehung des Kündigungsschutzes vorliegt.[8]

Kernbereich des Arbeitsverhältnisses ist die Arbeitsleistung sowie das Entgelt. Damit ist ein Eingriff lediglich in den Randbereich, also im Rahmen von Zusatzleistungen möglich.[9] Eine wesentliche Störung des Gleichgewichts ist beispielsweise dann zu verneinen, wenn der widerrufliche Teil des Entgeltes lediglich 25 % beträgt und der Tariflohn nicht unterschritten wird[10], da so lediglich ein Eingriff in den Randbereich erfolgt. Sollen durch den Widerrufsvorbehalt auch Zahlungen widerrufen werden können, die keine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers sind, z. B. Aufwandsentschädigungen, dürfen bis zu 30 % des Entgelts widerrufen werden.[11]

Nicht erforderlich ist, dass die Widerrufsklausel eine Frist vorsieht, die bis zum Wirksamwerden des Widerrufs vergehen muss.[12]

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