Rz. 6

Ziel der gesetzlichen Regelung ist, der individuellen Vertragsabrede volle Geltung zu verschaffen und sie nicht durch AGB konterkarieren zu lassen. Daher wird von der individuellen Vertragsabrede kraft § 305b BGB nicht nur eine AGB-Bestimmung verdrängt, die gerade auf das Gegenteil des individualvertraglich Geregelten abzielt, sondern auch solche Bestimmungen, die mit einem an sich anderen Regelungsgegenstand Teile der individualvertaglichen Regelung betreffen und ihr widersprechen. Soweit dies der Fall ist, wird die AGB-Bestimmung von der Individualabrede verdrängt.[1] In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird dabei unterschieden zwischen sogenannten unmittelbaren und sogenannten mittelbaren Widersprüchen. Für die Praxis ist diese Unterscheidung jedoch bedeutungslos.

 
Praxis-Beispiel

In den AGB ist eine Vertragsstrafe für eine unberechtigte vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen. In einem späteren Aufhebungsvertrag vereinbaren die Parteien die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist gegen Zahlung einer Abfindung. Auch wenn im Aufhebungsvertrag die Vertragsstrafe nicht ausdrücklich aufgehoben würde, dürfte der Aufhebungsvertrag (ohne Regelung der Vertragsstrafe) die Vertragsstrafenregelung nach § 305b BGB verdrängen.

 

Rz. 7

Für die Verdrängung der AGB durch die Individualabrede kommt es nicht darauf an, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Konkurrenzsituation der beiden vertraglichen Regelungen kennen. Allein die objektive Widersprüchlichkeit führt zur Anwendung des § 305b BGB.[2]

Sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber (auch als Verwender der AGB) kann sich auf den Vorrang einer Individualabrede berufen.[3]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge