Rz. 9

Eine zur Unzeit ausgesprochene Kündigung, die den Arbeitnehmer gerade wegen des Kündigungszeitpunkts besonders belastet, kann treuwidrig und damit rechtsunwirksam sein; dies setzt jedoch weitere Umstände voraus. Die zu erfüllenden Voraussetzungen sind nicht gering: Es muss eine Beeinträchtigung berechtigter Interessen des Kündigungsgegners, insbesondere auf Achtung seiner Persönlichkeit, vorliegen, was etwa dann der Fall sein kann, wenn der Erklärende absichtlich oder aufgrund einer auf Missachtung der persönlichen Belange des Empfängers beruhenden Gedankenlosigkeit einen Zugangszeitpunkt wählt, der den Empfänger besonders beeinträchtigt.[1] Nicht ausreichend ist nach der Rechtsprechung des BAG der bloße zeitliche Zusammenhang mit einer Fehlgeburt der Arbeitnehmerin[2] oder die Tatsache, dass dem Arbeitnehmer die Kündigung am 24.12. zugeht[3]. Ferner war nicht ausreichend, dass der Arbeitgeber zu einem Zeitpunkt kündigte, zu dem die Kündigung die Arbeitnehmerin über den noch nicht verarbeiteten Schicksalsschlag (Tod ihres Lebensgefährten) hinaus offensichtlich ganz erheblich belasten musste, und dass mancher Arbeitgeber unter diesen Umständen zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt hätte[4] Im letztgenannten Fall wurde bei der Abwägung u. a. berücksichtigt, dass das Arbeitsverhältnis noch nicht besonders lange bestanden hatte und befristet war sowie die Gefahr für den Arbeitgeber, bei weiterem Zuwarten das Arbeitsverhältnis verlängern zu müssen. Der Umstand, dass der in der Wartezeit gekündigte Arbeitnehmer im Vertrauen auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Wartezeit hinaus eine Zweitwohnung am Sitz der Arbeitgeberin angemietet hat, begründet keine Treuwidrigkeit, auch weil der Arbeitnehmer mangels Kündigungsschutzes nicht darauf vertrauen konnte, dass keine Wartezeitkündigung erklärt wird.[5]

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