Rz. 3

Um sich vor einer Einstellung Kenntnisse über die persönlichen Verhältnisse des Bewerbers zu verschaffen, kann der Arbeitgeber ihn im Rahmen des Einstellungsgesprächs mündlich befragen. Häufig muss der Bewerber auch bereits zur Vorbereitung eines Einstellungsgesprächs einen Personalfragebogen des Arbeitgebers ausfüllen. Der Personalfragebogen ist die formularmäßige Zusammenfassung von Fragen, die Aufschluss über die persönlichen Verhältnisse, Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person geben sollen.[1] Diese Voraussetzungen sind jedoch auch gegeben, wenn der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch dem Bewerber Fragen anhand einer "Checkliste" vorhält und die darauf erteilten Antworten in die Liste einträgt. Ein eigenhändiges Ausfüllen des Bewerbers ist mithin nicht erforderlich.

 

Rz. 4

Die allgemeine Vertragsfreiheit umfasst auch das Recht des Arbeitgebers, sich durch Fragen – für den Vertragsabschluss relevante – Informationen über den Arbeitnehmer zu verschaffen.[2] Diese Informationsfreiheit gilt jedoch nicht uneingeschränkt.[3] So muss die Informationsfreiheit vor allem im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht[4] des Arbeitnehmers beschränkt werden.[5] Die hierzu über Jahrzehnte entwickelten Grundsätze der Fallpraxis zum Fragerecht des Arbeitgebers sind heute im Lichte des neuen Datenschutzrechts (BDSG bzw. DS-GVO) zu betrachten[6]: Jede Frage des Arbeitgebers, die personenbezogene Daten des Arbeitnehmers oder eines sonstigen "Beschäftigten" (u. a. auch Stellenbewerber und Beamte) i. S. v. § 26 Abs. 8 BDSG[7] betrifft, stellt eine rechtfertigungsbedürftige Datenverabeitung dar.[8] Dabei sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.[9] Die in § 26 BDSG getroffenen Bestimmungen zum Beschäftigtendatenschutz sind auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten, von Beschäftigten verarbeitet werden, ohne dass sie in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.[10] Die rechtlichen Vorgaben des Beschäftigtendatenschutzes gelten also für jeden Umgang mit personenbezogenen Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses, unabhängig davon, ob hierbei eine Speicherung in einem Dateisystem erfolgt oder nicht.[11] Auch mündliche Befragungen in Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses oder währenddessen sind somit am Maßstab des BDSG zu überprüfen. Wesentlicher Tatbestand zur Rechtfertigung von Fragen des Arbeitgebers ist dabei die Generalklausel des § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG.[12] Danach ist eine Datenverarbeitung zulässig,

  • wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder
  • nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder
  • zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.

Die bisherige Rechtsprechung zum Fragerecht des Arbeitgebers ist jedoch nicht obsolet, sondern kann zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "erforderlich" herangezogen werden.[13]

 

Rz. 4a

Für den öffentlichen Dienst begrenzt Art. 33 Abs. 2 GG das Fragerecht des Arbeitgebers zusätzlich dahingehend, dass bei der Einstellungsentscheidung nur Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber berücksichtigt werden dürfen. Durch das Benachteiligungsverbot wegen einer Gewerkschaftszugehörigkeit[14] ergibt sich, dass dem Arbeitgeber auch eine diesbezügliche Frage im Rahmen der Vertragsanbahnung nicht gestattet ist.[15] Auch die Benachteiligungsverbote des AGG haben unmittelbare Auswirkungen auf die Reichweite des Fragerechts des Arbeitgebers gegenüber Bewerbern, die vom Schutz des AGG erfasst sind.[16] Bei vielen der Diskriminierungsmerkmale des AGG sind zugleich auch erhöhte datenschutzrechtliche Hürden zu beachten, denn es liegen regelmäßig "besondere Kategorien personenbezogener Daten" i. S. v. Art. 9 DS-GVO[17] vor.

 
Hinweis

Generell gilt: Wo eine Unterscheidung diskriminierungsrechtlich nicht gerechtfertigt wäre, darf der Arbeitgeber auch nicht die dafür erforderlichen Informationen erfragen. Ebenso wie das Diskriminierungsverbot schon im Vorfeld auf die Ausschreibung wirkt[18], wirkt es auf die Informationsrechte des Arbeitgebers des Arbeitsverhältnisses bei Begründung ein.

 

Rz. 5

Allgemein gilt nach ständiger Rechtsprechung: Vom BAG wird ein Fragerecht des Arbeitgebers bei Einstellungsverhandlungen nur insoweit anerkannt, als der Arbeitgeber ein "berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Fragen im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis" hat.[19] Ein solches berechtigtes Interesse ist nur dann gegeben, wenn das Interesse des Arbeitgebers so gewichtig ist, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers zurückzutreten hat, seine persönlichen Lebensumstände zum Sch...

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