Rz. 12

Die Anfechtungserklärung ist eine formlose Willenserklärung, die gegenüber dem anderen Teil erfolgt. Sie unterliegt nicht dem Gebot der Schriftform[1], unabhängig davon, ob sie der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer erklärt.[2] Sie ist unwiderruflich und bedingungsfeindlich.[3] Eine Eventualanfechtung hingegen ist jedoch zulässig: Eine solche liegt vor, wenn die Anfechtung vorsorglich für den Fall erklärt wird, dass die Auslegung des streitigen Rechtsgeschäft nicht der Ansicht des Anfechtenden entspricht.[4] Eine Anfechtung kann auch neben einer außerordentlichen Kündigung ausgesprochen werden, wenn der Anfechtungsgrund nicht inzwischen seine Bedeutung verloren hat und im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung so stark nachwirkt, dass eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist.[5]

 

Rz. 13

Wurde eine ordentliche Kündigung erklärt, kann diese allerdings nicht in eine Anfechtung umgedeutet werden. Eine Unzulässigkeit der Umdeutung ist aus dem Grund gegeben, dass das ersatzweise Rechtsgeschäft nicht weiterreichende Folgen haben darf, als das ursprüngliche Rechtsgeschäft. Die wirksame Anfechtung führt jedoch im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung zu einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.[6] Grundsätzlich zulässig ist dagegen eine Umdeutung einer außerordentlichen Kündigung in eine Anfechtung[7], wobei das BAG eine Umdeutung dann für unzulässig erachtet hat, wenn der Anfechtungsberechtigte seine Wahl ausdrücklich und klar bezeichnet hat.[8]

Außerdem kann eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung[9] die Anfechtung wegen Irrtums beinhalten, auch wenn ausdrücklich nur eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt wurde. Dem Anfechtenden ist es dann grundsätzlich nicht verwehrt, sich nachträglich auf diesen Grund zu berufen.[10]; Voraussetzung ist aber, dass auch die Frist des § 121 Abs. 1 BGB gewahrt ist.[11]

[2] Ascheid/Preis/Schmidt/Greiner, Kündigungsrecht, § 623 BGB, Rz. 10; a. A Däubler, AiB 2000, S. 188, 190; Sander/Siebert, AuR 2000, S. 330, 333: analoge Anwendung.
[3] Ellenberger in Palandt, § 143 BGB, Rz. 2.
[4] BGH, Urteil v. 15.5.1968, VIII ZR 29/66, NJW 1968 2099; s. dazu jüngst LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.3.2021, 17 Sa 45/20, BeckRS 2021, 6507.
[6] BAG, Urteil v. 3.11.1982, 7 AZR 5/81, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 12.
[7] Dörner AR-Blattei, SD 60, Rz. 106; Müller-Glöge in ErfK BGB § 620, Rz. 63.
[8] BAG, Urteil v. 14.12.1979, 7 AZR 38/78, AP BGB § 119 Nr. 4; a. A. Herschel, ArbuR 1982, S. 255.
[10] Zu einer Anfechtung wegen Täuschung über Vorstrafen, die zugleich einen Eigenschaftsirrtum begründen: BAG, Urteil v. 6.9.2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087, 1090; BAG, Urteil v. 20.3.2014, 2 AZR 1071/12, NZA 2014, 1131, 1135.
[11] S. Rz. 18.

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