Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung wegen Diebstahls geringwertiger. Sachen. Zulässigkeit einer Videoüberwachungsmaßnahme. Verwertbarkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine heimliche Videoüberwachung unterliegt dann keinem Beweisverwertungsverbot wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung, wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung besteht und weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung bzw. Überführung des Täters ausgeschöpft sind oder bei realistischer Betrachtungsweise nicht bestehen, die verdeckte Videoüberwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und nicht unverhältnismäßig ist.

 

Normenkette

BGB § 626; GG Art. 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Gera (Urteil vom 07.02.2002; Aktenzeichen 5 Ca 1580/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 07.02.02, 5 Ca 1580/01, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Die am 23.07.1968 geborene und 2 Kindern unterhaltspflichtige Klägerin war bei der Beklagten in einer Lebensmittelfiliale in Z. seit dem 01.07.1995 als Verkäuferin beschäftigt. Für diese Filiale existiert kein Betriebsrat. Nachdem die Beklagte über einen Zeitraum von mehreren Wochen in dem Lager dieser Filiale wiederholt aufgerissene Süßwarenpackungen und das stückweise Verschwinden deren Inhalts festgestellt hatte, wurde eine Videokamera installiert, um die für die jeweiligen Diebstähle verantwortliche Person ausfindig zu machen. Auf einem Videoband war die Klägerin zu sehen, wie sie das Warenlager betrat und in kurzem Zeitablauf dreimal in ein Regal griff und sich anschließend etwas in den Mund steckte. Am 05.07.2001 wurde sie zu einem Gespräch mit der Geschäftsleiterin W. geladen und dort mit dem Vorwurf konfrontiert, im Süßwarenlager eine Packung mit Geleebananen im Wert von 2,– DM aufgerissen und nacheinander drei Geleebananen verzehrt zu haben. Anschließend wurde ihr durch die Filialleiterin in schriftlicher Form die von dieser unterschriebene außerordentliche Kündigung überreicht, die nach ihrem Inhalt hilfsweise mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.10.2001 gelten sollte. Über den Ablauf dieses Gespräches besteht zwischen den Parteien Streit. Während die Klägerin den Kündigungsausspruch behauptete, ohne dass ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, behauptete die Beklagte das Gegenteil. Auf den Vorwurf der unbefugten Wegnahme der Süßwaren, habe die Klägerin sich mit der Äußerung gerechtfertigt, Frau W. von der Lieferantenfirma L. habe ihr gesagt, dass abgeschriebene Ware verzehrt werden dürfe. Des weiteren hat die Klägerin in der ersten Instanz die fehlende Berechtigung der Geschäftsleiterin zum Ausspruch einer Kündigung gerügt. Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrag und die dort gestellten Anträge wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, ohne einschlägige Abmahnung eine Kündigung aus-zusprechen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vorliegenden Berufung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG zum Diebstahl von geringwertigen Sachen des Arbeitgebers durch einen Beschäftigten. Sie hält die Kündigung der Klägerin für berechtigt, da sie aufgrund des Vorfalles kein Vertrauen mehr in die Redlichkeit der Klägerin haben könne. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit ständig die Verfügungsmöglichkeit über Ware, Geld und sonstiges Eigentum der Beklagten habe und eine entsprechende Obhutspflicht bestehe. Unerheblich sei deshalb, dass die Grundlage der Kündigung nur ein Bagatellschaden sei. Besonders zu berücksichtigen sei auch der Umstand, dass die Klägerin in einem Belehrungsblatt darauf hingewiesen worden sei, dass die Beklagte Eigentums- und Vermögensdelikte gegen das Unternehmen nicht hinnehmen werde und diese als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gelten könnten. Die Beklagte beantragt deshalb die Abänderung des Arbeitsgerichtsurteils und Abweisung der Kündigungsschutzklage. Die Klägerin verteidigt mit dem Antrag die Berufung zurückzuweisen, das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, dass es an hinreichenden Verdachtsmomenten für eine Täterschaft der Klägerin fehle. Die Klägerin habe auch keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Im Süßwarenlager seien aufgerissene Süßwarenpackungen als Köder ausgelegt worden, um einen diebstahlsverdächtigen Lehrling zu überführen. Dieser Lehrling sei auch für das der Klägerin angelastete Verschwinden von drei Geleebananen verantwortlich. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze und die in der Berufungsverhandlungen abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.

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