Der schuldrechtliche (obligatorische) Teil ist unverzichtbarer Inhalt eines Tarifvertrages. Er ist eine besondere Form eines Schuldvertrages zwischen den Tarifvertragsparteien aus Anlass eines Tarifvertragsabschlusses.

Der schuldrechtliche Teil des Tarifvertrages wirkt nur im Verhältnis zwischen den abschließenden Verbänden bzw. zwischen der Gewerkschaft und dem einzelnen Arbeitgeber (bei einem Firmentarifvertrag) und kann Rechte und Pflichten nur in diesem Verhältnis begründen. Unzulässig ist es, Mitglieder der Verbände (verbandsangehörige Arbeitgeber oder Gewerkschaftsmitglieder) ohne besondere Vertretungsmacht zur Erbringung bestimmter Leistungen oder zu einem bestimmten Verhalten zu verpflichten. So können die Gewerkschaften im Rahmen des schuldrechtlichen Teils nicht durchsetzen, dass die Leistungen aus dem Tarifvertrag nur auf Gewerkschaftsmitglieder beschränkt werden.

Zulässig ist es aber, dass Dritte aus dem Tarifvertrag begünstigt werden. Durch Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ist dann zu ermitteln, ob der Dritte auf die Leistungsgewährung einen Rechtsanspruch erhalten soll.[1]

Gegenstand des obligatorischen Teils des Tarifvertrages können schuldrechtliche Verpflichtungen jeder Art sein, soweit sie mit dem Tarifvertrag in Verbindung stehen. Dies kann etwa die wechselseitige Verpflichtung der Tarifvertragsparteien sein, die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages zu beantragen bzw. das Verfahren auf Erteilung der Allgemeinverbindlicherklärung zu fördern.

Hauptinhalte des schuldrechtlichen Teils des Tarifvertrages:

[1] Zur Abgrenzung Tarifvertrag und sog. Hauskoalitionsvertrag BAG, Urteil v. 5.11.1997, 4 AZR 872/95.

2.1 Friedenspflicht

Die (relative) Friedenspflicht hat zunächst die Verpflichtung der Tarifvertragsparteien zum Gegenstand, während der Laufzeit eines Tarifvertrages wegen seines Tarifinhalts keinen Arbeitskampf zu führen oder ihre Mitglieder zu einem Arbeitskampf aufzurufen. Daneben verpflichtet sie die vertragsschließenden Verbände, mit verbandsrechtlichen Mitteln ihre Mitglieder von unzulässigen Arbeitskampfmaßnahmen abzuhalten (sog. Einwirkungspflicht).

Die Friedenspflicht verbietet während der Laufzeit eines Tarifvertrages auch solche Kampfmaßnahmen, die erst die Änderung des Tarifvertrages nach seinem Ablauf bewirken sollen. Arbeitskampfmaßnahmen in diesem Zeitraum sind unzulässig, die sich auf ein Ziel richten, das in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit dem Tarifinhalt steht. Im Nachwirkungszeitraum besteht keine Friedenspflicht.[1]

Die relative Friedenspflicht muss nicht vereinbart werden, sie ist dem Tarifvertrag immanent. Verhandlungen allein lösen noch keine Friedenspflicht aus.[2]

Der zeitliche und sachliche Umfang der Friedenspflicht kann durch Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien erweitert werden (absolute Friedenspflicht), allerdings nur unter Beachtung des Formerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG. So können sie die Friedenspflicht auf einen bestimmten Zeitraum nach Ablauf des Tarifvertrages erstrecken oder für mehrere Tarifverträge eine gemeinsame Friedenspflicht begründen. Es kann daher auch vereinbart werden, dass während der Laufzeit eines Tarifvertrages sämtliche Arbeitskampfmaßnahmen untersagt sind, auch bezüglich Regelungsgegenständen, die nicht bereits Inhalt eines geschlossenen Tarifvertrages sind. Eine Vereinbarung zur Friedenspflicht darf aber nicht zu einem (faktischen) Verzicht auf einen Arbeitskampf führen, dies wäre mit Art. 9 Abs. 3 GG unvereinbar.

2.2 Durchführungspflicht

Neben der Friedenspflicht ist die Durchführungs- bzw. Erfüllungspflicht wesentlicher Bestandteil des schuldrechtlichen Teils des Tarifvertrages. Sie ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und wird auch ohne besondere Regelung zu seinem Bestandteil. Jede Tarifvertragspartei kann aufgrund der Durchführungspflicht von der anderen Tarifvertragspartei die Einhaltung und die Beachtung der Tarifnormen verlangen.[1] Teil der Durchführungspflicht ist die Pflicht zur Einwirkung auf die eigenen Mitglieder, sich an die tarifvertraglichen Pflichten zu halten.[2]

Die Durchführungspflicht hat an praktischer Bedeutung verloren, weil durch das TVG tarifliche Rechte wie Rechtsnormen unmittelbar und zwingend gelten und vom einzelnen Arbeitnehmer ggf. gerichtlich durchgesetzt werden können. Sie hat aber noch Bedeutung im Bereich einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien, da deren Errichtung und Auflösung selbst nicht normativ erfolgen kann.

[2] BAG, Urteil v. 25.1.2006, 2 AZR 552/04.

2.3 Sonstige Vereinbarungen

Neben Regelungen zur Friedens- und Durchführungspflicht kann die Begründung von Verpflichtungen jeder Art Gegenstand des obligatorischen Teils des Tarifvertrages sein, soweit sie mit dem Tarifvertrag in Verbindung stehen.

Dies ergibt sich aus der allgemeinen Handlungsfreiheit bzw. dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, der sich auch auf den schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages erstreckt. Dabei müssen diese Vere...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge