Jahrzehntelang ist die Rechtsprechung von dem Grundsatz ausgegangen, dass es in einem Betrieb nur einen Tarifvertrag geben könne (Grundsatz der Tarifeinheit).[1] Hintergrund der Anwendung dieses Grundsatzes war vor allem, dass die Anwendung mehrerer unterschiedlicher Tarifverträge in einem Betrieb zu administrativem Mehraufwand führt. Im Hinblick auf betriebliche Regelungen (Arbeitszeit, Arbeitssicherheit, Besetzungsregelungen, alternative Arbeitnehmervertretungen nach § 3 BetrVG) war eine gleichzeitige Anwendung mehrerer Tarifverträge auf unterschiedliche Arbeitnehmergruppen zumeist sogar unmöglich.

Im Jahr 2010 gab das BAG das Prinzip der Tarifeinheit für Fälle der Tarifpluralität ausdrücklich auf.[2] Die Konsequenz war, dass Arbeitgeber für verschiedene Mitarbeiter des Betriebs unterschiedliche Tarifverträge anwenden mussten, was zu einem gewissen bürokratischen Mehraufwand führte. Das Prinzip der Tarifeinheit galt allerdings weiterhin für betriebs- und betriebsverfassungsrechtliche Normen (z. B. Arbeitszeit, Arbeitssicherheit, Besetzungsregelungen, alternative Arbeitnehmervertretungen nach § 3 BetrVG). Gravierend waren die Folgewirkungen auf das Arbeitskampfrecht. Die Zeiten der Friedenspflicht liefen je nach Tarifvertrag unterschiedlich, der Arbeitgeber konnte einem nahezu ständigen Arbeitskampfrisiko ausgesetzt sein. Die Aufgabe des Prinzips stärkte die kleineren Spezialisten- und Spartengewerkschaften wie GdL, Cockpit, Marburger Bund weiter, da sie nunmehr nicht mehr befürchten mussten, dass der von ihnen erstreikte Tarifvertrag kraft Tarifeinheit nicht zur Anwendung kommt.

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