Der zeitliche Geltungsbereich bestimmt Beginn und Ende, also die Laufzeit eines Tarifvertrags.

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird regelmäßig im Tarifvertrag selbst vereinbart, oft in seinen Schlussbestimmungen. Bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung ist davon auszugehen, dass er mit seiner Unterzeichnung in Kraft treten soll. In den zeitlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags werden zunächst alle Arbeitsverhältnisse einbezogen, die nach seinem Inkrafttreten und vor seiner Beendigung abgeschlossen worden sind. Für sie gelten in jedem Fall alle Normen des abgeschlossenen Tarifvertrags.

 

Einstellung nach Inkrafttreten

Ein gewerkschaftsangehöriger Arbeitnehmer wird erst nach Abschluss des Tarifvertrags eingestellt. Hier gilt der Tarifvertrag vom ersten Tag seines Arbeitsverhältnisses an.

Beginnt das Arbeitsverhältnis dagegen erst nach Beendigung der Tarifwirkungen, wird es von seinem zeitlichen Geltungsbereich nicht mehr erfasst.

Daneben sind auch alle zum Zeitpunkt des Tarifabschlusses bestehenden Arbeitsverhältnisse in seinen zeitlichen Geltungsbereich einbezogen, soweit nicht der Tarifvertrag abweichende Regelungen enthält.[1] Problematisch ist lediglich, wenn der Tarifvertrag Abschlussnormen (z. B. Formvorschriften, Beschäftigungsverbote) enthält. Dann ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die bereits bestehenden Arbeitsverhältnisse entsprechend der tariflichen Neuregelung vom Arbeitgeber anzupassen sind. Ist dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich, entfällt eine etwaige Anpassungsverpflichtung. Ist ein Arbeitnehmer bei Tarifvertragsabschluss nicht mehr Gewerkschaftsmitglied, wird er von einer rückwirkenden Verschlechterung des Tarifvertrags zu seinen Lasten nicht mehr erfasst.[2]

 

Keine Gewerkschaftsmitgliedschaft bei Tarifvertragsabschluss

Nach einem Tarifvertrag erhält der Arbeitnehmer einen Abfindungsbetrag von 25.000 EUR, wenn er mit vollendetem 55. Lebensjahr aus dem Unternehmen ausscheidet. A wird zum 30. September wirksam betriebsbedingt gekündigt und erhält die Abfindung ausgezahlt. Er tritt zum gleichen Termin aus der Gewerkschaft aus. Im Dezember des Jahres vereinbaren die Tarifvertragsparteien die Verringerung des Abfindungsbetrags auf 15.000 EUR und setzen den geänderten Tarifvertrag rückwirkend zum 1. Juli in Kraft.

Lösung

Die Tarifvertragsänderung erfasst A wegen seiner fehlenden Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht mehr, er darf seine Abfindung behalten.

Tritt der Arbeitnehmer mit rückwirkender Kraft in eine Gewerkschaft ein, gilt der Tarifvertrag dennoch erst ab dem Zeitpunkt des tatsächlichen Eintritts.[3]

2.1 Rückwirkung

Der Tarifvertrag kann grundsätzlich im Rahmen seines zeitlichen Geltungsbereichs für in der Vergangenheit liegende Sachverhalte Regelungen treffen, soweit nicht das Vertrauen der Tarifunterworfenen in den Bestand der bisherigen Tarifnormen in besonderer Weise geschützt ist. Dabei gelten für Tarifverträge die für die Rückwirkung von Gesetzen maßgeblichen Grundsätze.[1]

Ob sich ein Tarifvertrag überhaupt auf Tatbestände erstreckt, die in der Vergangenheit liegen, ist durch Auslegung der tariflichen Regelung zu ermitteln. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist für diese Art von Rückwirkung eine klare und unmissverständliche Vereinbarung erforderlich, da Tarifverträge, ebenso wie Gesetze, grundsätzlich nur für die Zukunft gelten.[2]

Grundsätzlich unzulässig ist eine echte Rückwirkung von Tarifnormen. Sie liegt dann vor, wenn die tariflichen Bestimmungen nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen.[3]

 

Echte Rückwirkung

Ein Tarifvertrag sieht eine Jubiläumszahlung i. H. v. 500 EUR für das 25-jährige Dienstjubiläum vor. 2 Monate nach dem Jubiläum des Arbeitnehmers A am 1. Juli und Auszahlung des Jubiläumsgeldes tritt ein neuer Tarifvertrag in Kraft, der rückwirkend zum 1. Januar des Jahres die Jubiläumszahlung auf 300 EUR reduziert und Rückzahlungen für bereits zu viel erhaltende Jubiläumszahlungen regelt.

Lösung

Da der Tatbestand der Jubiläumszahlung für A im Juli bereits abgeschlossen war, kann von ihm keine Rückzahlung verlangt werden. Die entsprechende Tarifvertragsbestimmung ist rechtswidrig.

Dagegen ist die sogenannte unechte Rückwirkung von Tarifnormen grundsätzlich zulässig. Sie ist gegeben, wenn sich die Normen zwar unmittelbar auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte erstrecken, damit aber zugleich die betroffenen Rechtspositionen nachträglich im Ganzen entwerten. Im Rahmen einer Interessenabwägung ist dann festzustellen, ob das Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten Regelung oder der mit dem Eingriff verfolgte Zweck Vorrang hat.[4] Die unechte Rückwirkung ist dann möglich, wenn die Normadressaten noch mit einer Änderung der Rechtspositionen rechnen mussten, etwa bei Abbau einer planwidrig eingetretenen Über...

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