Aus Sicht des Finanzamtes stellt sich dabei die Frage, welche der zuvor dargestellten Elemente eines BGM als geldwerter Vorteil für den Beschäftigten eingestuft werden, demnach als (zusätzlicher) Arbeitslohn zu betrachten und somit auch lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig sind. Umgekehrt bedeutet dies für Unternehmen, ihr BGM bzw. die Maßnahmen zur Förderung der Mitarbeitergesundheit so zu gestalten, dass keine Steuerpflicht entsteht. Dafür bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an, einerseits direkt durch das Einkommensteuergesetz, andererseits aufgrund der Herleitung aus anderen Gesetzesanforderungen sowie aus Urteilen der Finanzgerichte (FG) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

Folgende Varianten lassen sich unterscheiden (vgl. Abb. 1):

  A. Maßnahmen sind im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers (Abschn. 2.1)
  B. Ausnutzung des "600-EUR-Paragrafen" (Abschn. 2.2)
  C. Ausnutzung Sachbezüge (Abschn. 2.3)

Abb. 1: Varianten zur Steuerbefreiung von BGM in der Praxis (©BSA/DHfPG)

2.1 Variante A: Maßnahmen sind im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers

Dies bedeutet, dass die Maßnahmen zwar auf die Gesundheit der Beschäftigten abzielen, der Arbeitgeber aber den überwiegenden Vorteil daraus ziehen kann. Dieser liegt insbesondere vor, wenn die Maßnahmen

  • einer spezifisch berufsbedingten Beeinträchtigung der Gesundheit vorbeugen,
  • krankheitsbedingte Arbeitsausfälle verhindern.

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 30.5.2001 festgestellt, dass Ausgaben für Aktionen des Arbeitgebers, die einer spezifisch berufsbedingten Beeinträchtigung der Gesundheit des Arbeitnehmers vorbeugen, nicht als Arbeitslohn zu erfassen sind. Dies bedeutet, dass die Maßnahmen zwar auf die Gesundheit der Beschäftigten abzielen, der Arbeitgeber aber den überwiegenden Vorteil daraus ziehen kann. Dies liegt insbesondere vor, wenn die Maßnahmen einer spezifisch berufsbedingten Beeinträchtigung der Gesundheit vorbeugen oder krankheitsbedingte Arbeitsausfälle verhindern.[1]

Existieren im Unternehmen hohe Krankenstände und ergeben sich durch die Tätigkeit, z. B. PC-Arbeit an Bildschirmarbeitsplätzen, entsprechende Belastungen und daraus resultierend Beschwerden und gesundheitliche Beeinträchtigungen, so wären Maßnahmen, die genau diesen Problemen entgegenwirken, nicht als Arbeitslohn zu werten.

 
Achtung

Bedarfsbestimmung

Diese Sichtweise impliziert, dass stets eine Bedarfsbestimmung und Analyse durchgeführt werden muss, da nur so Problembereiche identifiziert und die dafür notwendigen Maßnahmen gefunden werden können. Durch die Bedarfsbestimmung wird sichergestellt, dass BGM aufgrund eines eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers eingeführt wird. Die Analyse zeigt auf, welche berufsbedingten Beeinträchtigungen vorliegen und welche Schritte diesen Belastungen vorbeugen und somit krankheitsbedingte Arbeitsausfälle verhindern.

2.2 Variante B: Ausnutzung des "600-EUR-Paragrafen"

Werden Maßnahmen zur Gesundheitsförderung im Betrieb nicht aufgrund eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers durchgeführt, sondern primär zur Förderung der Gesundheit der Beschäftigten auf Basis eines primärpräventiven Ansatzes, können diese bis zu einem Betrag von 600 EUR pro Mitarbeiter und Jahr lohnsteuerfrei angeboten werden (siehe § 3 Nr. 34 EStG). Einzige Bedingung: Die Angebote müssen hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen.

Gemäß § 20 SGB V haben die Krankenkassen den Auftrag, Leistungen zur Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) zu erbringen. Dabei sollen die Leistungen insbesondere zur Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen. Zur Umsetzung haben sie entsprechende Handlungsfelder und Kriterien hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalt, Methodik, Qualität, intersektoraler Zusammenarbeit, wissenschaftlicher Evaluation und der Messung der Erreichung der mit den Leistungen verfolgten Ziele festzulegen.

Bei der Aufgabenwahrnehmung soll der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch die folgenden Gesundheitsziele im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention berücksichtigen:

  1. Diabetes mellitus Typ 2: Erkrankungsrisiko senken, Erkrankte früh erkennen und behandeln,
  2. Brustkrebs: Mortalität vermindern, Lebensqualität erhöhen,
  3. Tabakkonsum reduzieren,
  4. gesund aufwachsen: Lebenskompetenz, Bewegung, Ernährung,
  5. gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Souveränität der Patientinnen und Patienten stärken,
  6. depressive Erkrankungen: verhindern, früh erkennen, nachhaltig behandeln,
  7. gesund älter werden und
  8. Alkoholkonsum reduzieren (§ 20 Abs. 3 SGB V).

Die Leistungserbringung soll in den 3 folgenden Feldern erfolgen:

  1. Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention: in § 20 Abs. 5 SGB V dargestellt.
  2. Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für gesetzlich Krankenversicherte: in § 20a SGB V dargestellt.
  3. Leistungen ...

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