Rz. 59

In Pflegebereich Nr. 3 werden Kriterien aufgeführt, die Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen als Folge von Gesundheitsproblemen betreffen, die immer wieder auftreten und personelle Unterstützung erforderlich machen. Maßgeblich ist hier also zum einen die Feststellung, ob die betroffene Person bestimmte Verhaltensweisen aufweist, die nicht nur einmalig, sondern immer wieder kehren, und zum anderen die Feststellung, ob die Person infolgedessen der Unterstützung Dritter – etwa durch Verbote oder Hinweise – bedarf. Verhaltensweisen, die einer unmittelbaren Unterstützung Dritter nicht bedürfen, werden in diesem Pflegebereich folglich nicht erfasst.

 

Rz. 60

Ausweislich der Formulierung in den Begutachtungs-Richtlinien steht im Mittelpunkt dieses Pflegebereichs mithin die Frage, inwieweit die Person ihr Verhalten ohne personelle Unterstützung steuern kann (Begutachtungs-Richtlinien S. 49). Es geht konkret um die Unterstützung der Person bei der Bewältigung von belastenden Emotionen (wie z. B. Panikattacken), beim Abbau psychischer Spannungen, bei der Impulssteuerung, bei der Förderung positiver Emotionen durch Ansprache oder körperliche Berührung, bei der Vermeidung von Gefährdungen im Lebensalltag, bei Tendenz zu selbstschädigendem Verhalten. Von einer fehlenden Selbststeuerung ist nach den Richtlinien auch dann auszugehen, wenn ein Verhalten zwar nach Aufforderung abgestellt wird, aber danach immer wieder aufs Neue auftritt, weil ein Verbot nicht verstanden wird oder die Person sich nicht erinnern kann (Begutachtungs-Richtlinien S. 49).

 

Rz. 61

Entsprechend dieser Zielrichtung ist zunächst zu eruieren, ob die Person eine der aufgeführten Verhaltensweisen überhaupt aufweist und der Unterstützung Dritter bedarf. Ist dies nie oder nur sehr selten (unter Berücksichtigung der weiteren Kategorisierung weniger als ein- bis dreimal innerhalb von 2 Wochen) der Fall, ist dies mit dem Punktwert "0" zu erfassen. Kann ein in Nr. 3 aufgeführtes Verhalten und ein in diesem Zusammenhang erforderlicher Unterstützungsbedarf häufiger festgestellt werden, ist dies weitergehend wie folgt zu kategorisieren (vgl. hierzu auch Anlage 1 SGB XI):

1 Punkt = selten, d. h. ein- bis dreimal innerhalb von zwei Wochen,

3 Punkte = häufig, d. h. zweimal bis mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich,

5 Punkte = täglich.

Maßgeblich ist also, ob und in welcher Häufigkeit die Verhaltensweisen eine personelle Unterstützung erforderlich machen.

 

Rz. 62

Zu beachten ist, dass sich manche Verhaltensweisen nicht eindeutig nur einem Kriterium zuordnen lassen. Exemplarisch führen die Richtlinien Beschimpfungen auf, die sowohl unter das Kriterium „verbale Aggression“ (F 4.3.6), aber auch unter das Kriterium "andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten" (F 4.3.7) subsumiert werden könnten oder auch in Kombination auftreten (Begutachtungs-Richtlinien S. 49). Nicht ohne Weiteres eindeutig ist bei Lektüre der Richtlinien jedoch, wie derartige Fallkonstellationen zu bewerten sind. Denn der Richtliniengeber weist ausdrücklich lediglich darauf hin, dass im Falle einer Kombination verschiedener Verhaltensweisen die Häufigkeit von Ereignissen mit personellem Unterstützungsbedarf nur einmal zu erfassen sei. So soll z. B. nächtliche Unruhe bei Angstzuständen entweder unter Punkt F 4.3.2 ("nächtliche Unruhe") oder unter Punkt F 4.3.10 ("Ängste") bewertet werden (Begutachtungs-Richtlinien S. 49). Darüber hinaus dürften auch die Verhaltensweisen, die nicht eindeutig nur einem in Nr. 3 aufgeführten Kriterium zugeordnet werden können, lediglich einmal Berücksichtigung finden, um Ungenauigkeiten bei der späteren Bewertung (vgl. § 15) durch eine doppelte Erfassung derselben Verhaltensweise zu vermeiden.

 

Rz. 63

Im Gegensatz zu den weiteren Pflegebereichen werden die in Nr. 3 aufgeführten Kriterien – darauf weisen die Begutachtungs-Richtlinien explizit hin – nicht abschließend definiert, vielmehr werden bestimmte Auffälligkeiten lediglich beispielhaft beschrieben.

Im Einzelnen beinhaltet Pflegebereich Nr. 3 folgende Kriterien:

 

Rz. 64

  • motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten (F 4.3.1)

Dieses Kriterium soll nach Maßgabe der Richtlinien verschiedene Verhaltensweisen zusammenfassen. Dazu gehören soll vor allem das (scheinbar) ziellose Umhergehen in der Wohnung oder der Einrichtung und der Versuch desorientierter Personen, ohne Begleitung die Wohnung, Einrichtung zu verlassen oder Orte aufzusuchen, die für diese Person unzugänglich sein sollten, z. B. Treppenhaus, Zimmer anderer Bewohner. Ebenso zu berücksichtigen ist allgemeine Rastlosigkeit in Form von ständigem Aufstehen und Hinsetzen oder Hin- und Herrutschen auf dem Sitzplatz oder im und aus dem Bett (Begutachtungs-Richtlinien S. 50).

 

Rz. 65

  • nächtliche Unruhe (F 4.3.2)

Gemeint sind hier nächtliches Umherirren oder nächtliche Unruhephasen bis hin zur Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus im Sinne von aktiv sein in der Nacht und schlafen während des Tages. Zu bewerten ist, wie häufig Anlass für personelle Unterstützung zur Steuerun...

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