Rz. 99

Der Beginn oder die Fortsetzung der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als freiwilliger Versicherung tritt im Regelfall (zu Ausnahmen vgl. Komm. zu § 188) nur durch eine entsprechende Erklärung des Berechtigten ein, ist also willensabhängig. Die Erklärung, eine freiwillige Versicherung begründen zu wollen (Beitrittserklärung), hat nach § 188 Abs. 3 schriftlich zu erfolgen. Eine nur mündliche Erklärung oder allein die Überweisung von Beiträgen zur freiwilligen Mitgliedschaft dürften insoweit nicht ausreichend sein. (Zur Beitrittserklärung vgl. Komm. zu § 188). Wegen der Höchstpersönlichkeit des Beitrittsrechts erlischt dieses mit dem Tod des Berechtigten und kann nicht von den Erben geltend gemacht werden, um z. B. die Tragung von Kosten der Krankenbehandlung durch eine Krankenkasse herbeizuführen (vgl. BSG, Urteil v. 27.8.1998, B 10 KR 5/97 R, BSGE 82 S. 283).

 

Rz. 100

Die Erklärung des freiwilligen Beitritts ist nach § 9 Abs. 2 nur fristgebunden möglich. Diese Beitrittsfrist von einheitlich 3 Monaten nach Abs. 2 gilt nur noch für die originären Beitrittsrechte nach Abs. 1 Nr. 3 bis 5 und ab 1.1.2018 für die beitrittsberechtigten Saisonarbeitnehmer in den Fällen des § 188 Abs. 4 Satz 4. Innerhalb dieser Frist muss die Beitrittserklärung der Krankenkasse zugegangen sein. Die Fristberechnung erfolgt nach § 26 SGB X i. V. m. §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB, wobei der Fristbeginn sich ab ("nach") dem Folgetag des Ereignisses errechnet. Ereignistag ist das Ende der Pflichtversicherung oder Familienversicherung oder das sonst zum freiwilligen Beitritt berechtigende Ereignis (Aufnahme der versicherungsfreien Beschäftigung, Anerkennung als schwerbehinderter Mensch, Rückkehr ins Inland). Maßgebend für den Fristbeginn ist dabei grundsätzlich der objektive Tatbestand der Versicherungsberechtigung, auf die persönliche Kenntnis des Beitrittsrechts kommt es nicht an. Wird die Beitrittsfrist versäumt, ist eine freiwillige Versicherung ausgeschlossen.

 

Rz. 101

Die Beitrittsfrist ist nach überwiegender Auffassung jedoch keine Ausschlussfrist i. S. v. § 27 Abs. 5 SGB X, bei der eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen ist. So hatte das BSG (Urteil v. 11.5.1993, 12 RK 36/90, SozR 3–1300 § 27 Nr. 4 = NZS 1993 S. 502) die Wiedereinsetzung bei Versäumung der Beitrittsfrist für zulässig angesehen, weil die Unkenntnis der damaligen komplizierten Rechtslage über die Versicherungspflicht als Student im Verhältnis zu einer Familienversicherung (§ 176b RVO) und wegen evtl. Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 5 MeldeVO für die KVdS unverschuldet war. Für die Frage des Verschuldens ist bei unter Betreuung stehenden Personen auf das des Betreuers abzustellen (vgl. BSG, Urteil v. 14.5.2002, B 12 KR 14/01 R, SozR 3-2500 § 9 Nr. 4; zur Frage der Haftung des Betreuers vgl. Breitkreuz, SGb 2015 S. 316). Bei dem mit der Beitrittserklärung korrespondierenden befristete Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach Art. 56 Abs. 4 GRG hatte das BSG jedoch die Frage einer Wiedereinsetzung offen gelassen, weil jedermann die Möglichkeit habe, von den gesetzlichen Vorschriften Kenntnis zu nehmen (Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen), so dass Rechtsunkenntnis jedenfalls nicht unverschuldet sei (BSG, Urteil v. 9.2.1993, 12 RK 28/92, USK 9306). Eine allgemeine Unterrichtungspflicht der Krankenkassen über das Mitgliedschaftsende ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen, so dass sich darauf eine Wiedereinsetzung nicht in allen Fällen stützen lässt.

 

Rz. 102

Wurde die Beitrittsfrist aus Unkenntnis vom Beitrittsrecht versäumt, ist die Wiedereinsetzung in die Frist innerhalb von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses (Unkenntnis) zu beantragen und auch die Beitrittserklärung innerhalb dieser Frist abzugeben. Die Mitgliedschaft beginnt auch dann im unmittelbaren Anschluss an die vorherige Pflichtversicherung oder Familienversicherung oder spätestens zum spätest möglichen Zeitpunkt der Beitrittserklärung (vgl. Rz. 121 f.). Auch soweit sonst der Lauf der Frist gehemmt ist (z. B. wegen Geschäftsunfähigkeit und mangelnder Vertretung (§ 206 BGB), wird lediglich der Fristablauf verhindert, nicht jedoch dadurch die Beitrittsfrist selbst oder der Mitgliedschaftsbeginn hinausgeschoben.

2.10.1 Frist nach Ende Versicherungspflicht (Abs. 2 Nr. 1)

 

Rz. 103

Die Beitrittsfrist errechnet sich bei einem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht ab dem Folgetag des Endes der Pflichtmitgliedschaft. Diese bestimmt sich im Regelfall gemäß § 190 nach dem Ablauf des Kalendertages. Sofern Ausschlusstatbestände gegenüber einer Pflichtversicherung eingreifen, ist der Ablauf des letzten Tages vor Eintritt des Ausschlusstatbestandes der Tag des Ausscheidens aus der Versicherungspflicht.

 

Rz. 104

 
Praxis-Beispiel

Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung (letzter Arbeitstag) 31.1. Beginn der Frist 1.2. Zugang der Beitrittserklärung bis 31.4.

 

Rz. 105

Zweifelhaft sind der Beginn und das Ende der Frist für eine Beitrittserklärung, wenn Streit um das Ende des Arbeitsverhältnisses als Beschäftigungsverhältnis b...

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