Rz. 29

Die Versicherungsfreiheit von während des Studiums beschäftigten Studenten (Werkstudenten) und Schülern einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule knüpft an die frühere Regelung des § 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO an. Ausgangspunkt für die Versicherungsfreiheit von Studenten, die gegen Entgelt beschäftigt sind, war die Überlegung, dass einerseits die Erwerbstätigkeit zur Finanzierung des allgemeinen Lebensunterhalts und des Studiums ausgeübt wird und andererseits ständige Wechsel im Versicherungsgrund vermieden werden sollten. Dabei wurde erkennbar davon ausgegangen, dass die Erwerbstätigkeit neben dem Studium im Regelfall immer nur für kürzere Zeitabschnitte erfolgt. Die Regelung erscheint heute jedoch als unangemessene Privilegierung, da zunehmend auch die Erwerbstätigkeit von Studenten neben dem Studium als Dauerbeschäftigung durchgeführt wird und das BAG auch für Werkstudenten kein arbeitsrechtliches Sonderrecht mehr zulässt (vgl. z. B. BAG, Urteil v. 28.3.1996, 6 AZR 501/95 zur gleichheitswidrigen Benachteiligung teilzeitbeschäftigter Studenten durch Tarifvertrag). Es ist vor dem Hintergrund der sonst für Beschäftigte geltenden Geringfügigkeitsgrenze von 520,00 EUR ab 1.10.2022 kaum noch zu begründen, warum daher bei Überschreiten der Entgeltgeringfügigkeit (§ 7 Abs. 1 i. V. m. § 8 SGB IV) nicht Versicherungspflicht als Beschäftigter bestehen soll. Dies gilt um so mehr, als die Versicherungsfreiheit nicht von der Höhe des Arbeitsentgelts abhängig ist, sodass auch der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz zum Studententarif (vgl. §§ 245, 236) für diesen Personenkreis ungerechtfertigt erscheint (vgl. krit. zum Werkstudentenprivileg Felix, Die Sozialversicherung 2002 S. 116; auch Karl Peters, in: KassKomm. SGB V, § 6 Rz. 44, Stand: Juni 2019 mit Hinweis auf die Abschaffung des Werkstudentenprivilegs in der Rentenversicherung; zur Begrenzung der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht als Student vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 9). Es ergeben sich zudem Wertungswidersprüche dadurch, dass Personen, die als Bestandteil eines dualen Studiums Beschäftigungen ausüben, der Versicherungspflicht als zur Berufsausbildung Beschäftigte unterliegen (vgl. § 5 Abs. 4a Satz 2). Für Arbeitgeber, die wegen der Versicherungsfreiheit nach Nr. 3 keine Arbeitgeberanteile tragen müssen, besteht ein wirtschaftlicher Vorteil und ein Anreiz zur Einstellung von Werkstudenten, was für diese wiederum zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt führt. Die Freistellung von Beiträgen im Verhältnis zu nur geringfügig Beschäftigten (auch Werkstudenten), für die der Pauschalbeitrag nach § 249b zu zahlen ist, führt zu Gleichbehandlungsproblemen. Andererseits ist es aber auch bei einer Erwerbstätigkeit, die, neben einer evtl. Finanzierung des Studiums, auch dem Lebensunterhalt zu dienen bestimmt ist, nicht mehr gerechtfertigt, den Krankengeldanspruch durch eine Versicherungspflicht als Student (vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1) auszuschließen.

 

Rz. 30

Die Versicherungsfreiheit nach Nr. 3 knüpft einerseits an den Studentenstatus, der schon durch das stark formalisierte Verfahren der Immatrikulation an einer Universität oder Fachhochschule erlangt wird, andererseits an den Besuch einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule an. Hierbei handelt es sich zunächst aber nur um eine Mindestvoraussetzung für die Versicherungsfreiheit, die durch die Begrenzung auf die Dauer dieser Ausbildung und das Merkmal des ordentlichen Studiums nach weiteren Merkmalen zu prüfen ist.

 

Rz. 31

Unter Hochschulen sind die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 genannten staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen zu verstehen, da die Versicherungsfreiheit grundsätzlich an den Studentenstatus nach dem SGB V anknüpft (vgl. Abs. 3 Satz 2). Zu den der fachlichen Ausbildung dienenden Schulen können auch die nicht staatlich anerkannten privaten Hochschulen und sonstigen privaten Schulen gehören, wenn mit dem Besuch ein berufsqualifizierender Abschluss oder aber auch die Umschulung oder Fortbildung zu einem anderen Beruf verbunden ist (vgl. BSG, Urteil v. 15.5.1984, 12 RK 46/81). Die staatliche Anerkennung als eigenständiger Beruf mit einem bestimmten Berufsbild ist nicht Voraussetzung für eine fachliche Ausbildung (zum Besuch einer Fremdsprachenschule vgl. BSG, Urteil v. 15.5.1984, 12 RK 46/81). Keine Versicherungsfreiheit begründet dagegen der Besuch allgemeinbildender Schulen. Die in der Trägerschaft von Schulen durchgeführte Berufsausbildung begründet Versicherungspflicht als Beschäftigter (zur Krankenpflegeschule vgl. LSG Berlin, Urteil v. 14.8.1996, L 15 Kr 12/95).

 

Rz. 32

Das Werkstudentenprivileg besteht nur während der Dauer des Studiums oder der fachlichen Ausbildung, wobei darin Zeiten der Semesterferien und sonstige vorlesungsfreie Zeiten eingeschlossen sind. Das Studium kann auch ein Zweit- oder Aufbaustudium sein (BSG, Urteil v. 29.9.1992, 12 RK 31/91) oder eine Einschreibung ohne Vorlesungsbesuch zum Studium zwecks Wiederholung des schon bestandene...

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