Rz. 21a

Die mit Art. 4 Nr. 01 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ab 1.1.2004 eingefügte Regelung in Nr. 1a stellt nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe versicherungsfrei, wenn diese ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben (zur Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung vgl. § 28 Abs. 3 SGB III). Der Verwendung des Begriffs Besatzungsmitglieder kommt gegenüber dem weiten Begriff der Seeleute in § 13 Abs. 1 SGB IV keine einschränkende Wirkung zu. Die Regelung war erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in den Gesetzentwurf eingefügt worden. Sie ist (in BT-Drs. 15/1749 S. 26) damit gerechtfertigt und begründet worden, dass sie Teil eines Maßnahmepaketes im Steuer- und Sozialversicherungsrecht mit dem Ziel einer substanziellen Senkung der Lohnnebenkosten sei, mit dem der Trend zur Ausflaggung gestoppt und die Reeder veranlasst werden sollten, ihre Schiffe wieder verstärkt unter deutscher Flagge fahren zu lassen. Entsprechend dem Recht dieser Personen, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI), solle dieser Personenkreis auch von der Krankenversicherungs- und damit dann auch von der Pflegeversicherungspflicht frei sein. Mit Art. 1 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze v. 22.6.2011 (BGBl. I S. 1202) wurde die Regelung mit Wirkung zum 29.6.2011 zur Rechtsklarstellung geändert. Der Hinweis auf die Abweichung zu Abs. 1 Nr. 1 ist weggefallen. Die Gesetzesbegründung führt dazu an: "Bis zum 27.12.2007 galt die Regelung in § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht für Seeleute; diese unterlagen damit unabhängig vom erzielten Jahresarbeitsentgelt der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Für nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe wurde in § 6 Absatz 1 Nr. 1a SGB V eine abweichende Regelung getroffen, nach der – ebenfalls unabhängig vom erzielten Jahresarbeitsentgelt – für diese Personengruppe Versicherungsfreiheit besteht. Da die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V seit dem 28.12.2007 auch Seeleute erfasst, wird mit der Streichung von "abweichend von Nummer 1" klargestellt, dass die Versicherungsfreiheit nicht-deutscher Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe in § 6 Absatz 1 Nr. 1a SGB V einen originären Tatbestand darstellt. Bereits nach geltendem europäischem Recht sind zudem Seeleute mit Wohnsitz in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz in die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 SGB V einzubeziehen, sofern die Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Nummer 1 SGB V nicht vorliegen. Dies ist auch sinnvoll, da diese – anders als die übrigen ausländischen Seeleute, die keinen Wohnsitz im Geltungsbereich des SGB V haben – hieraus Ansprüche auch bei medizinischer Behandlung in ihrem Wohnsitzstaat erwerben können. Die Neuregelung beinhaltet nunmehr eindeutig für den Personenkreis der Besatzungsmitglieder auf deutschen Seeschiffen eine Regelung über die Versicherungsfreiheit, auch wenn an sich Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bestehen würde."

 

Rz. 21b

Die Vorschrift stellt eine Ausnahme zu § 3 SGB IV dar, wonach es für die Versicherungspflicht von Beschäftigten grundsätzlich auf die Beschäftigung im Inland ankommt, zu der auch die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe gehören, deren Heimathafen bzw. Hamburg als Beschäftigungsort gilt (§ 13 Abs. 3 SGB IV). Sie trug bislang auch der Tatsache Rechnung, dass dem Personenkreis der Seeleute, unabhängig von deren Nationalität, kein Recht auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht zustand, auch wenn sie faktisch keine Leistungen der Krankenversicherung an ihrem Wohnort in Anspruch nehmen konnten (vgl. BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 1/01 R). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1749 S. 26) sollen der Vorschrift Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts nach § 6 SGB IV vorgehen. Dies gelte etwa für Seeleute mit Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt im Geltungsbereich der EG VO 883/04 (ehemals EWG-VO 1408/71) oder in Staaten, mit denen ein die Krankenversicherung umfassendes Sozialversicherungsabkommen bestehe und die Erbringung von Sachleistungsaushilfe am Wohn-/Aufenthaltsort vorgesehen sei. Dies ist mit der Rechtsänderung zum 29.6.2011 verdeutlicht worden, indem die Versicherungsfreiheit nur für Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe besteht, wenn diese ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz haben.

 

Rz. 21c

Voraussetzung ist nunmehr neben der nicht-deutschen Staatsangehörigkeit, dass der Seemann seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder d...

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