Rz. 399

Durch Art. 1a Nr. 1a, Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2408) wird mit Wirkung zum 1.1.2017 folgender neuer Versicherungspflichttatbestand (Nr. 11b) eingefügt:

11b.

Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch

a) auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b) auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,

erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,

 

Rz. 400

Zur Begründung der Regelung ist in BT-Drs. 18/6905 S. 74 ff. ausgeführt: „Nach derzeit geltendem Recht sind Halb- oder Vollwaisenrentner in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nummer 11, wenn sie selbst oder die Person, von der die gesetzliche Rente abgeleitet wird, die Vorversicherungszeit für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfüllen. Diese Versicherungspflicht entsteht – wie die Versicherungspflicht anderer Bezieher einer gesetzlichen Rente – unabhängig von der Höhe der Rente und schließt eine beitragsfreie Familienversicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2) beim überlebenden Elternteil oder bei den Großeltern oder Pflegeeltern aus. Versicherungspflichtige Kinder, die vor dem Tod eines Elternteils oder beider Elternteile beitragsfrei mitversichert waren, müssen aus ihrer Waisenrente einen einkommensabhängigen Beitrag zur GKV leisten. Sofern die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in der GKV nicht erfüllt sind, kommt für Halb- oder Vollwaisenrentner eine beitragsfreie Familienversicherung über den anderen Elternteil bzw. über die Großeltern oder Pflegeeltern in Betracht, sofern diese Personen Mitglieder der GKV sind und die betroffenen Kinder die maßgeblichen Alters- und Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Sind weder die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft noch für die Familienversicherung erfüllt, kann die Mitgliedschaft in der GKV als freiwillige Versicherung fortgesetzt werden. Im Rahmen der freiwilligen Mitgliedschaft werden Beiträge nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Mitglieds unter Einbeziehung der Waisenrente erhoben, mindestens jedoch ein Beitrag ausgehend von der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbemessungsgrundlage nach § 240 Abs. 4 Satz 1.

Mit der Neuregelung wird für Waisenrentner künftig ein eigener Versicherungspflichttatbestand geschaffen. Die besondere Lebens- und Einkommenssituation von Waisenrentnern rechtfertigt eine gesonderte versicherungsrechtliche Behandlung dieser Personengruppe. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluss vom 12. Oktober 1976 (1 BvL 9/74, Rn. 34 f.; zitiert nach juris) ausgeführt, dass zu den selbstverständlichen Verpflichtungen eines Sozialstaates auch die Verpflichtung zähle, jugendlichen Waisen, die sich nicht selbst unterhalten können, Hilfe zu leisten. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die Entscheidung darüber, wie den Waisen Schutz zu gewähren ist, dem Gesetzgeber obliegt, dem die Verfassung einen Spielraum für seine Gestaltung belasse. Auch das Bundessozialgericht verweist in seiner Entscheidung vom 4. September 2013 (B 12 KR 13/11 R, Rn. 40; zitiert nach juris) auf den weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der sozialstaatlichen Ordnung. Den versicherungspflichtigen Personenkreis grenzt der Gesetzgeber einerseits nach dem Gedanken der Schutzbedürftigkeit des Einzelnen ab und andererseits nach dem Aspekt der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft (s. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom15. März 2000, 1 BvL 16/96 u. a., BVerfGE 102, S. 68). Durch die Versicherungspflicht in der GKV kann ein ausreichender, finanzierbarer Versicherungsschutz erreicht werden, indem die finanziell Starken die Schwachen, die Gesunden die Kranken und die Jungen die Älteren unterstützen. Dieses Solidaritätsprinzip ist einer der Hauptpfeiler der GKV. Minderjährige Kinder oder Kinder, die nicht erwerbstätig sind oder sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden, werden als sozial schutzbedürftig angesehen und sind schon nach geltendem Recht unter den Voraussetzungen des § 10 in die Familienversicherung einbezogen. Die Regelung berücksichtigt dabei, dass die Eltern ihren Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet sind. Dieser Unterhalt entfällt mit dem Tod eines oder beider Elternteile.

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