Rz. 69

Bei der Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts eines Arbeitnehmenden mit Wohnsitz im Ausland, der zwar deutschem Sozialversicherungsrecht, nicht aber deutschem Steuerrecht unterliegt, ist gemäß Abschn. 4.1.2.1.2.2 des GR v. 7.9.2022 (Rz. 78) zu unterscheiden, ob der Arbeitnehmende den Wohnort

  1. in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (vgl. Art. 12 VO (EG) Nr. 883/04 oder Art. KSS.11 Protokoll des Handels- und Kooperationsabkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland) oder
  2. in den Abkommensstaaten Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Marokko, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Türkei und Tunesien oder
  3. außerhalb dieser Staaten

hat.

Zu a)

Bei diesem Personenkreis ist das Nettoarbeitsentgelt fiktiv so zu berechnen, als ob der Arbeitnehmende in der Bundesrepublik Deutschland wohnen würde – es sei denn, der Arbeitnehmende beantragt, dass das Krankengeld auf der Grundlage des tatsächlich erzielten Nettoarbeitsentgelts berechnet wird. Dieses ergibt sich aus der EG-Verordnung 883/04, Anhang XI – Deutschland – Nr. 3 sowie aus dem Protokoll des Handels- und Kooperationsabkommens, Anhang KSS-6–Deutschland–Nr. 3, in der es heißt: "Für die Zwecke der Gewährung von Geldleistungen nach § 47 Abs. 1 SGB V an Versicherte, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind, berechnen die deutschen Sozialversicherungsträger das Nettoarbeitsentgelt, das zur Berechnung der Leistungen herangezogen wird, als würde die versicherte Person in Deutschland wohnhaft sein, es sei denn, diese beantragt, dass die Leistungen auf der Grundlage ihres tatsächlichen Nettoarbeitsentgelts berechnet werden."

Bei der Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts ist gemäß Abschn. 4.1.2.1.2.2 des GR v. 7.9.2022 (Fundstelle Rz. 78)

  • für alleinstehende Arbeitnehmende die Lohnsteuerklasse I und für verheiratete Arbeitnehmende die Lohnsteuerklasse IV zugrunde zu legen; liegt eine Mehrfachbeschäftigung vor, ist für alle Beschäftigungen außer der Hauptbeschäftigung die Lohnsteuerklasse VI anzusetzen,
  • keine Kirchensteuer zu berücksichtigen,
  • der Solidaritätszuschlag, sofern er nach deutschem Recht anfallen würde, vom Bruttoarbeitsentgelt abzuziehen,
  • bei Arbeitnehmenden mit Kindern kein Kinderfreibetrag zu berücksichtigen.

Im Übrigen ist – wie bei einer deutschen Arbeitnehmenden – der sonst anfallende, vom Arbeitnehmenden zu tragende Beitrag zur deutschen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berücksichtigen; bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung ist jedoch kein Zuschlag zum Pflegeversicherungsbeitrag zu erheben, wenn der Arbeitnehmende bereits ein Kind hat, das auf der deutschen Steuerkarte fiktiv zu berücksichtigen wäre.

Stellt der betreffende Versicherte einen Antrag bei seiner Krankenkasse, dass das Krankengeld auf der Grundlage des tatsächlich erzielten Nettoarbeitsentgelts berechnet wird, und kann er den Nachweis erbringen, dass sein Nettoarbeitsentgelt tatsächlich höher war, ist die Entgeltersatzleistung anhand des nunmehr nachgewiesenen Arbeitsentgelts neu zu berechnen und ggf. eine ergänzende Zahlung vorzunehmen.

Zu b)

Arbeitnehmende mit Wohnort in den Abkommensstaaten Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Marokko, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Türkei und Tunesien, die zwar deutschem Sozialversicherungsrecht, nicht aber deutschem Steuerrecht unterliegen, ist der Krankengeldberechnung das Nettoarbeitsentgelt zugrunde zu legen, welches sich bei einer fiktiven Beurteilung des Versicherten ergibt, wenn dieser in der Bundesrepublik Deutschland wohnen würde. Eine fiktive Berechnung der Steuern wie unter a) aufgeführt ist zulässig (vgl. auch Abschn. 4.1.2.1.2.2 des GR v. 7.9.2022, Fundstelle Rz. 78).

zu c)

Für in Deutschland versicherte Arbeitnehmende, die außerhalb des EWR, der Schweiz oder des Vereinigten Königreichs und den unter b) aufgeführten Abkommensstaaten wohnen, ist das Nettoarbeitsentgelt in entsprechender Anwendung des § 67 Abs. 5 SGB IX ausschließlich so zu berechnen, als ob der Arbeitnehmende in der Bundesrepublik Deutschland wohnen würde. Als Wohnort gilt dann fiktiv der Ort des Arbeitsplatzes. Arbeitet der Krankengeldanspruchsberechtigte in Sachsen, gilt somit hinsichtlich der Berechnung des Pflegeversicherungsbeitrags das Recht, das in Sachsen zur Anwendung kommt. Bei wechselndem Einsatz an unterschiedlichen Arbeitsplätzen in mehreren Bundesländern gilt nach Auffassung des Autors als "Wohnort" der inländische Betriebssitz.

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