Rz. 17

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1a Satz 1 besteht nur dann ein Anspruch auf Kinderkrankengeld, wenn das zu betreuende Kind

  1. das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder
  2. behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
 

Rz. 18

Zu a)

Anders als bei der Haushaltshilfe (vgl. § 38) wird bei dem Kinderkrankengeld nicht auf den Beginn der Leistung abgestellt. Vollendet also das Kind während des Leistungsbezugs das 12. Lebensjahr – wird es also 12 Jahre alt –, ist die Zahlung vor dem Tag der Vollendung des Lebensjahres einzustellen.

 

Rz. 19

Zu b)

Alternativ zu der Lebensaltersbegrenzung ist ein Anspruch auf Kinderkrankengeld auch dann gegeben, wenn das versicherte Kind behindert oder auf Hilfe angewiesen ist. Diese Regelung sollte den Eltern zugutekommen, die ein Kind betreuen, das zwar das 12. Lebensjahr vollendet hat, aber in seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Entwicklung einem durchschnittlich entwickelten Kind dieses Alters nicht gleichsteht, weil es behindert und auf Hilfe angewiesen ist (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 118).

Behindert sind Menschen, wenn sie

  • langfristige körperliche, seelische, geistige Beeinträchtigungen oder
  • Sinnesbeeinträchtigungen

haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe in der Gesellschaft hindern können. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Komm. zu § 2 SGB IX verwiesen.

Neben der Behinderteneigenschaft des Kindes fordern § 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1a Satz 1 ein so hohes Ausmaß an Behinderung, dass das Kind deshalb der Hilfe bedarf. Dies ist gegeben, wenn das Kind bei Verrichtungen des täglichen Lebens objektiv fremder Hilfe bedarf (z. B. bei der Ernährung oder Körperpflege), die über das für das Lebensalter typische Maß hinausgeht. Maßstab ist die Hilfebedürftigkeit im Verhältnis zu einem gleichaltrigen gesunden Kind. Diese Hilfebedürftigkeit wird für einen Zeitraum von (voraussichtlich) mindestens 6 Monaten gefordert. Ist die Behinderung bereits eingetreten, berechnen sich die 6 Monate vom Eintritt der Behinderung an. Hilflosigkeit ist auch gegeben, wenn die fremde Hilfe in dauernder Bereitschaft stehen muss. Es muss allerdings keine Pflegebedürftigkeit i. S. d. gesetzlichen Pflegeversicherung vorliegen. Wenn diese jedoch festgestellt wurde, ist von einem Hilfebedarf wegen der Behinderung auszugehen.

Unterdurchschnittliche Begabung, Unkonzentriertheit, Nervosität, Labilität sowie ein Rückstand der geistigen Entwicklung stellen für sich alleine keine Behinderung dar, die den Hilfebedarf i. S. d. § 45 auslöst (in Anlehnung an BSG, Urteil v. 31.1.1979, 11 RA 19/78).

I.d.R. wird der Krankenkasse die Behinderung sowie die damit verbundene Hilfebedürftigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung oder (bei hohem Behinderungsgrad) durch den Schwerbehindertenausweis (§ 152 SGB IX; Merkzeichen H – hilflos und/oder Bl – blind im Schwerbehindertenausweis) nachgewiesen.

In der Praxis der Krankenkassen wird immer wieder die Frage gestellt, bis wann eine Behinderung eingetreten sein muss, damit der Versicherte auch für sein erkranktes, volljähriges Kind mit Behinderung noch Kinderkrankengeld beanspruchen kann.

Die Aufhebung der Altersgrenze gilt bei der Familienversicherung (§ 10) nur für Kinder, bei denen die Behinderung

  • bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder
  • während der Schul- oder Berufsausbildung – spätestens aber bis vor Vollendung des 25. Lebensjahres – eingetreten ist.

(vgl. Gemeinsames Rundschreiben v. 9.12.1988, Komm. zu § 38 SGB V; § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB V; vgl. auch BSG, Urteil v. 26.10.1990, 12/3 RK 27/88). Diese Auffassung wird nach den Erfahrungen des Autors auch beim Kinderkrankengeld vertreten.

Die Altersgrenze, bis zu der während der Schul- und Berufsausbildung eine Behinderung eingetreten sein muss, erhöht sich jedoch entsprechend den Regelungen zur Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 10 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Nr. 4) um die Zeit von Freiwilligendiensten. Hierzu zählen z. B.

  • der Bundesfreiwilligendienst (BFD) nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG),
  • das freiwillige soziale Jahr (FSJ) nach dem JFDG,
  • das freiwillige ökologische Jahr (FÖJ) nach dem JFDG sowie
  • die vergleichbar anerkannten Freiwilligendienste (z. B. Internationaler Jugendfreiwilligendienst i. S. d. Richtlinie des BMFSFJ – IJFD).

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