Rz. 63

Der Anspruch auf das Krankengeld nach § 44a besteht solange, wie der Spender bei komplikationslosem Verlauf mit der Arbeit aussetzen muss und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Eine generelle Höchstanspruchsdauer ist nicht vorgesehen.

Es stellt sich nun die Frage, ob der Spender bei langer spendenbedingter Arbeitsunfähigkeit evtl. wegen gesundheitlicher Komplikationen länger als ohne Komplikationen arbeitsunfähig ist. Diese Frage kann nur der behandelnde Arzt oder ein Gutachter (z. B. Medizinischer Dienst) individuell klären. Nach den allgemeinen Erfahrungen aus der Praxis wird davon ausgegangen, dass die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Spenders bei einem komplikationslosen Spendenverlauf spätestens nach folgenden Tagen/Wochen eingetreten sein sollte:

 
Art der Spende Übliche Dauer der AU bei leichter bis mittelschwerer Tätigkeit Übliche Dauer der AU bei schwerer Tätigkeit
Nierenlebendspende bis 6 Wochen bis 12 Wochen
Teilleberspende bis 10 Wochen bis 20 Wochen
Knochenmarkspende bis 3 Tage bis 5 Tage

(vgl. Abschnitt 9.5.2 des GR v. 25.9.2015 zu den leistungsrechtlichen Ansprüchen bei einer Spende von Organen, Geweben oder Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen, Fundstelle Rz. 82). Diese Tabelle ist lediglich als Anhaltswert zu sehen.

Beim Eintritt von Komplikationen wegen der Spende bzw. wegen der gesundheitlichen Folgen der Spende gilt Folgendes:

Die Spende i. S. d. § 27 Abs. 1a steht grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Sofern ein durch die Spende verursachter Gesundheitsschaden auftritt, welcher über die regelmäßig entstehenden Beeinträchtigungen hinausgeht, liegt ein Versicherungsfall i.S. der Unfallversicherung vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 13b i.V.m. § 12a Abs. 1 SGB VII). Um Beweisschwierigkeiten des Spenders zu vermeiden, enthält § 12a Abs. 1 SGB VII eine Vermutungsregel zugunsten des Spenders, die nur dann nicht greift, wenn offenkundig ist, dass der Gesundheitsschaden nicht ursächlich durch die Spende verursacht wurde.

§ 12a Abs. 2 SGB VII stellt sogar ausdrücklich klar, dass auch Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit der für die Spende notwendigen Voruntersuchungen sowie Nachsorgemaßnahmen unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Dies gilt auch dann, wenn es nach der Voruntersuchung nicht zur Spende kommt.

Nach § 11 Abs. 5 SGB V besteht auf Leistungen nach dem SGB V und somit auch auf das Spender-Krankengeld kein Anspruch mehr, sofern der Spender Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen kann. Dieses wäre das Verletztengeld i. S. d. §§ 45 ff. SGB VII. Sondervorschriften für den speziellen Personenkreis der Spender gibt es beim Verletztengeld nicht; für die Berechnung der Höhe des Verletztengeldes sind die sonst beim Verletztengeld üblichen Rechenwege anzuwenden (80 % des Bruttoarbeitsentgelts/-einkommens, bei Arbeitnehmern höchstens 100 % des Nettoarbeitsentgelts; vgl. § 47 SGB VII).

Die Abgrenzung, ob ein Versicherungsfall i. S. der Unfallversicherung vorliegt, und die Frage, ab wann die Arbeitsunfähigkeit wegen der Komplikationen besteht, ist mit dem Unfallversicherungsträger in jedem Einzelfall zu klären. Die Feststellung des Versicherungsschutzes bzw. das Vorliegen eines Versicherungsfalls i. S. der gesetzlichen Unfallversicherung erfordert wegen des notwendigen Verwaltungsprüfaufwandes regelmäßig erhebliche Zeit.

Bei spendenbedingten Gesundheitsschäden i. S. d. § 12a SGB VII ist regelmäßig die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung gegeben. Zuständig ist der Unfallversicherungsträger, der für das Unternehmen zuständig ist, bei dem gespendet wurde. Das ist

  • bei Krankenhäusern in staatlicher oder kommunaler Trägerschaft (z. B. Unikliniken, Stadtkrankenhäuser) die jeweilige Unfallkasse des zuständigen Bundeslandes,
  • bei Krankenhäusern in privater oder kirchlicher Trägerschaft die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW),
  • bei privaten Blutspendediensten (Blutbanken) die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW),
  • bei Blutspendeaktionen des Deutschen Roten Kreuzes die Unfallkasse des Bundes und
  • bei Spenden für Pharmaunternehmen zur kommerziellen Nutzung die Fach-BG des Unternehmens.

Die Krankenkasse des Spendenempfängers wird, sobald ersichtlich wird, dass die Arbeitsunfähigkeit wegen der Komplikation länger als ursprünglich andauert, gemäß § 111 SGB X bei dem zuständigen Unfallversicherungsträger vorsichtshalber einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X anmelden.

Bis der Versicherungsfall vom zuständigen Unfallversicherungsträger anerkannt wird, wird die Krankenkasse i. d. R. Spender-Krankengeld zahlen – und zwar längstens bis zur Beendigung der Arbeitsunfähigkeit (im folgenden Beispiel bis zum 18.6.). Falls das Verletztengeld i. S. d. §§ 45 ff. SGB VII wegen anderer Ausgangswerte bzw. wegen des höheren Höchstregelentgelts höher ausfallen sollte, erhält der Spender das durch den Erstattungsanspruch nicht e...

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