Rz. 18

Von dem Urteil des BSG v. 30.10.2001 (B 3 KR 2/01 R) abweichend – und ausdrücklich zunächst nur für diesen Fall –, bestimmte § 37 Abs. 2 Satz 2 HS 2 i. d. F. des GMG, dass der Anspruch auf Behandlungssicherungspflege als Leistung der GKV ab 1.1.2004 das Anziehen und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist, umfasste. Bei der Gewährung von Leistungen nach dem SGB XI blieb als Folge dieser für ein Gesetz merkwürdig anmutenden Einzelfallregelung die Leistungspflicht der Krankenkasse nach § 37 Abs. 2 erhalten, obwohl sich aus medizinischen Gründen das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen zumindest der Kompressionsklassen 2 und 3 bei ordnungsgemäßer Verwendung dieser Mittel nicht von der vom Leistungsumfang des SGB XI abgedeckten Verrichtung An- und Auskleiden im zeitlichen Zusammenhang mit der Verrichtung Aufstehen und Zu-Bett-Gehen trennen ließ. Diese Sonderregelung berührte hingegen die übrigen Abgrenzungskriterien nicht, sondern stellt eine Ausnahmeregelung für Versicherte bei der Versorgung mit Kompressionsstrümpfen ab der Klasse 2 dar.

 

Rz. 19

Im Urteil v. 17.3.2005 (B 3 KR 9/04 R) vertrat der 3. Senat des BSG im Hinblick auf diese Änderung die Auffassung, weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus der Begründung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung lasse sich erkennen, dass diese Regelung keineswegs für andere oder möglicherweise sämtliche Maßnahmen der Behandlungspflege gelten solle, die bislang von den Krankenkassen nicht gewährt würden, weil der Hilfebedarf bereits bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werde. Die gesetzliche Änderung des § 37 Abs. 2 Satz 1 durch das GMG bringe nicht eindeutig zum Ausdruck, dass dies eine abschließende Regelung darstellen solle. Sie könne auch als exemplarische Teilregelung der Schnittstellenproblematik zwischen Kranken- und Pflegeversicherung verstanden werden. Die Neuregelung erscheine auch verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie vergleichsweise wesentlich schwerwiegende Fälle der Behandlungspflege zur Aufrechterhaltung von Grund- bzw. Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf, Stoffwechsel) nicht erfasse. Daraus leitete der 3. Senat in verfassungskonformer Auslegung das Gebot ab, die Neuregelung über ihren Wortlaut hinaus mit Wirkung zum 1.1.2004 zu erweitern. Maßnahmen der Behandlungspflege könnten wie bisher nur dann der Grundpflege zugeordnet werden, wenn sie entweder untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung der Grundpflege seien oder sie mit einer solchen Maßnahme objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stünden. Insoweit sei den Pflegebedürftigen allerdings ein Wahlrecht zuzugestehen, ob sie eine derartige Zuordnung der Behandlungspflege zur Grundpflege wünschten oder nicht. Dieses Wahlrecht übe der Pflegebedürftige bei der ersten Antragstellung gegenüber der Pflegekasse aus.

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