Rz. 12

Der durch das AVWG (Rz. 3a) mit Wirkung zum 1.5.2006 eingefügte Abs. 1b konkretisiert die Regelungen in Abs. 1 Satz 3 HS 2 a. F., nach Inkrafttreten des AMVSG nun § 35 Abs. 1 Satz 6 zur Freistellung eines Arzneimittels mit therapeutischer Verbesserung von den Festbeträgen. Sätze 1 bis 3 definieren, was unter einer therapeutischen Verbesserung zu verstehen ist. Sätze 4 und 5 erläutern, welche Unterlagen für den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung heranzuziehen sind. In den Sätzen 6 bis 8 wird beschrieben, welche verfahrensrechtlichen Anforderungen der Gemeinsame Bundesausschuss bei seinen Bewertungen nach § 35 Abs. 1 und 1a zu berücksichtigen hat.

 

Rz. 12a

Eine therapeutische Verbesserung i. S. d. Abs. 1b Satz 1 kann sich daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit gegenüber Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe zeigt oder über besondere therapierelevante Leistungsmerkmale verfügt. Therapierelevanz bedeutet dabei, dass das Arzneimittel für die Therapie zur Erreichung patientenrelevanter Endpunkte, ggf. auch über den Einzelfall hinaus für eine bestimmte Gruppe von Patienten innerhalb der Indikationsgruppe notwendig ist. Dabei erwähnt Satz 3 ausdrücklich, dass ein höherer Nutzen nach Satz 1 auch eine Verringerung der Häufigkeit oder des Schweregrades therapierelevanter Nebenwirkungen sein kann. Die Bewertungen nach Satz 1 erfolgen für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe (Satz 2). Die Feststellung der therapeutischen Vergleichbarkeit setzt voraus, dass die Arzneimittel für ein oder mehrere gemeinsame Anwendungsgebiete zugelassen sind, da die Zulassung nach dem AMG die therapeutische Einsatzbreite des Mittels in der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegt.

Der geforderte "höhere Nutzen" entspricht dem Zusatznutzen gegenüber anderen Wirkstoffen i. S. v. § 35b Abs. 1 Satz 3 und dem "medizinischen Zusatznutzen" i. S. v. § 35 Abs. 1 Satz 4. Gemessen an den inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers zum Maßstab einer therapeutischen Verbesserung kann sich im Zusammenhang mit einer an der positiven Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte ausgerichteten Therapie ein höherer Nutzen daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit über anderen Arzneimitteln der Wirkstoffe zeigt oder über besonders therapierelevante Leistungsmerkmale wie z. B. Wechsel des Applikationsortes verfügt (BSG, Urteil v. 17.9.2013, B 1 KR 54/12 R).

 

Rz. 12b

Satz 4 bestimmt den Maßstab für die Beurteilung einer therapeutischen Verbesserung. Im Regelfall ist Voraussetzung, dass über die Therapierelevanz der therapeutischen Verbesserung zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Die therapeutische Verbesserung muss in einer für die sichere Beurteilung statistisch belegbaren ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Für den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung sind vorrangig klinische Studien zu berücksichtigen, die internationalen Standards entsprechen. Sind solche Studien nicht verfügbar, kann auf die Ergebnisse anderer geeigneter Studien zurückgegriffen werden (Satz 5). Kriterien, die eine therapierelevante klinische Bedeutung haben, sind vor allem die Morbidität, die Mortalität sowie die Lebensqualität (BT-Drs. 16/194 S. 8). Erforderlich ist der Nachweis der erfolgreichen therapeutischen Verbesserung in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf der Grundlage wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Therapierelevanz. In jedem Fall müssen die in Betracht kommen Studien das Kriterium erfüllen, mit den Primärziel des Erreichens patientenrelevanter Endpunkte durchgeführt worden zu sein (BSG, Urteil v. 17.9.2013, B 1 KR 54/12 R).

 

Rz. 12c

Satz 6 weist dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Aufgabe zu, die Ergebnisse seiner Bewertung in einer Beschlussbegründung zusammenzufassen. In der Beschlussbegründung ist neben einer Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen der Sachverständigen nach § 3 Abs. 2 das Gruppenbildungsverfahren zu dokumentieren und die in die Entscheidung einbezogene Literatur zu bewerten. Die Sachverständigen sind nach Satz 7 vor der Entscheidung zusätzlich in einer mündlichen Anhörung zu beteiligen. Nach Satz 8 ist die Begründung des Beschlusses bekanntzumachen. Ein wichtiger Grund, hiervon abzuweichen, ist gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veröffentlichung der Begründung das Wettbewerbsverhältnis der von der Festbetragsgruppenbildung betroffenen Unternehmen gestört wird (Begründung in BT-Drs. 16/194 S. 4).

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