0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 294a wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsmodernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) mit Wirkung zum 1.1.2004 eingeführt. Eine Vorgängervorschrift existiert nicht. Die bis dahin nur vertraglich geregelte Mitteilung von Anhaltspunkten über die Zuständigkeit eines anderen Kostenträgers wurde auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.

 

Rz. 1a

Durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I 874) ist mit Wirkung zum 1.8.2008 Abs. 2 angefügt worden. Der bisherige Wortlaut der Vorschrift wurde Abs. 1. In Abs. 1 Satz 1 wurden die Wörter "Vertragsärzte, ärztlich geleiteten Einrichtungen und" durch die Wörter "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie" ersetzt. Hintergrund ist der neu eingeführte § 119b. Der eingefügte Abs. 2 korrespondiert mit § 52, der Ermessen einräumt, Leistungen ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.

 

Rz. 1b

Das Dritte Gesetz zur Änderung arzneirechtlicher Vorschriften und anderer Vorschriften v. 7.8.2013 (BGBl. I S. 3108) hat mit Wirkung zum 13.8.2013 Abs. 1 Satz 2 geändert. Die bisherige Fassung war gegenstandslos, da die entsprechenden Angaben bereits nach § 295 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 übermittelt werden.

 

Rz. 2

Durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) v. 4.4.2017 (BGBl. I S. 778) wurde mit Wirkung zum 11.4.2017 Abs. 1 Satz 2 ergänzt und Satz 3 angefügt. Die Norm erfasst damit auch Fälle, bei denen die oder der Versicherte Opfer eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung i. S. d. § 177 StGB ist.

 

Rz. 2a

Art. 32 Nr. 12 des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652) hat mit Wirkung zum 1.1.2024 in Abs. 1 Satz 1 die Wörter "Bundesversorgungsgesetzes oder eines Impfschadens im Sinne des Infektionsschutzgesetzes" durch die Wörter "Vierzehnten Buches" ersetzt. Die Einzelgesetze der Sozialen Entschädigung werden im SGB XIV zusammengefasst.

1 Allgemeines

 

Rz. 3

§ 294a bezweckt eine Kostenentlastung der gesetzlichen Krankenkassen. In den Fällen, in denen ein Versicherter Leistungen zulasten einer Krankenkasse erhält, obwohl ein anderer Leistungsträger zuständig ist (z. B. eine Berufsgenossenschaft aufgrund einer Berufskrankheit), die Behandlungsbedürftigkeit durch einen Dritten oder den Versicherten (§ 52) zu verantworten ist, die Krankenkasse hiervon jedoch keine Kenntnis erhält, besteht die Gefahr, dass Erstattungsansprüche (§§ 102 ff. SGB X) nicht geltend gemacht werden oder etwa von dem kraft Gesetzes nach § 116 SGB X eintretenden Forderungsübergang (Schadensersatzanspruch) kein Gebrauch gemacht wird (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 294a Rz. 13). Gleichermaßen besteht die Gefahr, dass Krankenkassen Versicherte in den Fällen des § 52 nicht an den entstandenen Kosten (Behandlungskosten, Krankengeld) beteiligen.

 

Rz. 3a

Die Vorschrift ist die datenschutzrechtliche Grundlage für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie Krankenhäuser, Anhaltspunkte dafür mitzuteilen, dass ein anderer Kostenträger oder ein schadensersatzpflichtiger Dritter für die erbrachten und zu erbringenden Leistungen einzustehen hat. Die bisherige vertragliche Regelung nach § 58 BMV-Ä war dafür nicht ausreichend (BT-Drs. 15/1525 S. 146). Ebenso datenschutzrechtlich abgesichert ist die Übermittlung der nach § 52 Abs. 2 erforderlichen Angaben über Versicherte, die sich eine selbstverschuldete oder selbst zu verantwortende Krankheit zugezogen haben durch die Leistungserbringer an die Krankenkassen (BT-Drs. 16/7439 S. 98).

 

Rz. 3b

Nach § 2 Abs. 7 der Vereinbarung zu klinischen Sektionen gemäß § 9 Abs. 1a Nr. 3 KHEntgG (Obduktionsvereinbarung) zwischen dem GKV-Spitzenverband, dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/krankenhaeuser/abrechnung/zu___abschlaege/Obduktionsvereinbarung_31.10.2021.pdf; abgerufen: 28.6.2022) sind Anhaltspunkte über die Zuständigkeit eines anderen Kostenträgers oder über drittverursachte Gesundheitsschäden (§ 294a), die sich aus der Obduktion ergeben, der zuständigen Krankenkasse durch das beauftragende Krankenhaus unverzüglich mitzuteilen.

2 Rechtspraxis

2.1 Mitteilungspflicht (Abs. 1)

 

Rz. 4

Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen (§§ 72 ff.), Einrichtungen (z. B. nach § 119b) sowie zugelassene Krankenhäuser (§ 108) haben eine Mitteilungspflicht gegenüber den Krankenkassen (Satz 1). Die Mitteilungspflicht wird ausgelöst, sobald dem Leistungserbringer Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Krankheit

  • eine Berufskrankheit oder ihre Spätfolgen (§ 9 SGB VII),
  • Folge eines Arbeitsunfalls (§ 8 SGB VII),
  • Folge eines sonstigen Unfalls,
  • Folge einer Körperverletzung,
  • Folge einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungs...

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