Rz. 17

Gemäß Abs. 3 rechnet der Vertragszahnarzt die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Das bedeutet, dass der Versicherte seinen Anteil direkt an den Zahnarzt zu leisten hat. Der Abrechnungsanspruch des Vertragszahnarztes ist von vornherein um diesen Eigenanteil gekürzt. Eine Befreiung vom Eigenanteil etwa nach Maßgabe des § 62 ist gesetzlich nicht vorgesehen. Der Anteil stellt auch keine Zuzahlung nach § 43b dar.

 

Rz. 18

Die Bestimmung, dass die Krankenkasse den Versicherten den von ihnen getragenen Anteil an den Behandlungskosten erstattet, wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, muss in dem Sinne ergänzt werden, dass eine Erstattung "erst" im Falle des Behandlungsabschlusses erfolgt. Die Regelung soll Abbrüchen der kieferorthopädischen Behandlung entgegenwirken und lehnt sich an die frühere Regelung des § 182e Satz 2 Buchstabe b RVO an, wonach die Kassensatzung eine laufende – gegebenenfalls später zu erstattende – Zuzahlung des Versicherten während der kieferorthopädischen Behandlung bis zu 20 % der Kosten (höchstens jedoch eines Betrages in Höhe eines Viertels der monatlichen Bezugsgröße je Leistungsfall) an die Krankenkasse selbst – nicht an den Kieferorthopäden – vorsehen konnte. Nunmehr ist die einstweilige Selbstzahlung durch den Versicherten in Höhe von 20 % der notwendigen Behandlungskosten zwingend vorgeschrieben. Nach Abschluss der Behandlung hat die Kasse dem Versicherten diesen selbstgezahlten Anteil in einem Betrag zu erstatten. Dafür wird es des Nachweises – ggf. durch schriftliche Bestätigung des Kieferorthopäden – darüber bedürfen, dass der Versicherte seinen Anteil nach Abs. 3 gezahlt hat.

Die Zahlung durch andere, so auch die Übernahme durch die Sozialhilfe, ist möglich und schließt dann im Regelfall die Rückzahlung an den Versicherten aus. Der Forderungsübergang richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB XII oder des BGB (vgl. §§ 398 ff. BGB). Auch die Abtretung an den behandelnden Kieferorthopäden selbst erscheint unbedenklich.

 

Rz. 19

Wird die kieferorthopädische Behandlung abgebrochen, so erfolgt keine Erstattung nach Abs. 3, und zwar auch dann nicht, wenn der Abbruch unverschuldet war. Es kommt allein auf die objektive Tatbestandsvoraussetzung des Behandlungsabschlusses (in dem medizinisch erforderlichen Umfang) an. Ist dieser Abschluss jedoch objektiv unmöglich, z. B. wegen Todes des behandelnden Arztes oder des behandelten Versicherten, ist die Kasse auch dann zur Erstattung der Restkosten verpflichtet (so jedenfalls die Begründung des Regierungsentwurfs, vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 171). Im Fall des Todes des behandelnden Arztes kann von einem Abschluss der Behandlung in diesem Sinne aber erst dann gesprochen werden, wenn die dem Behandlungsplan entsprechende Behandlung von einem anderen Vertragsarzt nicht fortgeführt werden kann (so zutreffend Knispel, a. a. O., Rz. 19).

 

Rz. 20

Problematisch ist, ob ein Wechsel des behandelnden Kieferorthopäden einem Behandlungsabbruch gleichzusetzen oder dies zumindest von den Gründen des Wechsels abhängig zu machen ist. In jedem Fall muss der Versicherte die Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nur bei einem anderen zugelassenen Zahnarzt fortführen lassen (BSG, Urteil v. 18.1.1996, 1 RK 22/95, Rz. 18 ff.). Die Berücksichtigung von – i. d. R. auch subjektiv bestimmten – Gründen des Versicherten für den Wechsel des behandelnden Arztes könnte die vom Gesetz gewollte Anknüpfung an objektive Tatbestandsmerkmale aufweichen. Andererseits wäre es unbillig, die Kasse von Kosten freizustellen, die ihr bei normalem Behandlungsverlauf in jedem Fall entstanden wären. Allerdings ist grundlegend zu beachten, dass § 76 Abs. 3 bei Vorliegen eines wichtigen Grundes den Wechsel des Arztes grundsätzlich ermöglicht. Einen derartigen wichtigen Grund könnte der Wegfall der Vertrauensgrundlage darstellen. Liegt ein wichtiger Grund vor, so wird die Kasse die sich aus einer Vergleichsberechnung ergebenden Mehrkosten anteilmäßig zu tragen haben.

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