Rz. 12

Der für die Beitragsbemessung geltende Begriff des Arbeitsentgelts ist für den Bereich der Sozialversicherung eigenständig geregelt, damit keine Bindung an die arbeitsrechtliche Beurteilung und Ausgestaltung der Vergütungsregelung stattfinden muss. Vielmehr sind im Sozialversicherungsrecht ebenso wie im Steuerrecht, die tatsächlichen Verhältnisse vorrangig maßgeblich. Allerdings ist für die Beurteilung und Abgrenzung zwischen Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen die Definition des § 15 SGB IV zu beachten.

 

Rz. 13

Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Insoweit können auch Zahlungen Dritter dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Arbeitsentgelt zuzurechnen sein und kann der Arbeitgeber der Beschäftigung die Beiträge daraus anteilig zu tragen haben (vgl. BSG, Urteil v. 26.3.1998, B 12 KR 17/97 R, Die Beiträge Beil. 1998 S. 135). Bei Arbeitsentgeltzahlungen Dritter (vgl. z. B. BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 R 1/13 R, SGb 2016 S. 210 mit Anm. Meyerhoff) kann dies im Ergebnis dazu führen, dass der Arbeitgeber nicht nur die Arbeitgeber- sondern auch die Arbeitnehmerbeiträge (wirtschaftlich) allein zu tragen hat, selbst wenn er von diesen Zahlungen Dritter keine positive Kenntnis hatte und mangels insoweit eigener Lohnzahlung auch keine Möglichkeit des "Einbehalts" der Arbeitnehmeranteile nach § 28g SGB IV hat. Allerdings setzt die Zahlung durch Dritte voraus, dass der geldwerte Vorteil im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt wird, also wenn die Vorteile an Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers anknüpfen, die dieser im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses im weitesten Sinne auch im Interesse des zuwendenden Dritten erbringt, und die zu einer Vermögensmehrung gerade bei diesem Arbeitnehmer führen soll (vgl. BSG, Urteil v. 18.1.2018, B 12 R 1/17 R, SGb 2018 S. 159).

 

Rz. 14

Der Tatbestand der Versicherungspflicht für Beschäftigte verlangt die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, setzt also ein für die Beitragsbemessung und -tragung heranzuziehendes Arbeitsentgelt voraus. Der Arbeitnehmer hat gemäß § 611 BGB gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung seiner (Arbeits-)Leistung. Die Höhe und Berechnung der Vergütung richtet sich nach den arbeitsrechtlichen, tarifvertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen, die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten. Dieser arbeitsrechtliche Vergütungsanspruch als Bruttolohnanspruch entspricht grundsätzlich dem für den Bereich der Sozialversicherung geltenden Begriff des Arbeitsentgelts. Für den Arbeitsentgeltanspruch sind daher auch tarifvertragliche Arbeitsentgeltansprüche und auch der gesetzliche Mindestlohn zu beachten.

 

Rz. 15

Da die Krankenversicherungspflicht an die tatsächliche Beschäftigung (als nichtselbständige Arbeit i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) gegen Arbeitsentgelt anknüpft, ist für die Beitragsbemessung dieser Arbeitsentgeltanspruch maßgebend. Die zwischenzeitlich einmalig bestehende, aber nicht durchgängig angewandte (vgl. BSG, Urteil v. 18.11.1980, 12 RK 47/79, USK 80262) Rechtsauffassung, dass die Beiträge nur aus dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließenden (ausgezahlten) Arbeitsentgelt zu berechnen seien (Zuflusstheorie), hat das BSG inzwischen endgültig aufgegeben (BSG, Urteil v. 30.8.1994, 12 RK 59/92, BSGE 75 S. 61). Das BVerfG (Nichtannahmebeschluss v. 11.9.2008, 1 BvR 2007/05) hat diese Rechtsprechung letztlich als verfassungsgemäß bestätigt. Für die Beitragsbemessung und -berechnung ist daher auf den Rechtsanspruch auf Arbeitsentgelt (Anspruchstheorie) abzustellen. Das Arbeitsentgelt (als Bruttolohnanspruch) errechnet und bemisst sich im Regelfall nach der Arbeitszeit und der vereinbarten zeitbezogenen Vergütung, typischerweise nach Stundenlohn oder als monatliches Gehalt entsprechend der monatlich vereinbarten Stundenzahl. Auch der gesetzliche Mindestlohn (ab 1.1.2019 brutto 9,19 EUR) ist auf die Arbeitsstunde bezogen. Der Mindestlohnanspruch kann jedoch, wenn die für eine geleistete Arbeitsstunde vertraglich vereinbarte Grundvergütung niedriger als der gesetzliche Mindestlohn ist, aber auch durch Sonderzahlungen (vgl. BAG, Urteil v. 11.10.2017, 5 AZR 621/16, NJW 2018 S. 1707 mit Anm. Koch = NZA 2017 S. 1598) oder arbeitsvertraglich vereinbarte Sonn- und Feiertagszuschläge (vgl. BAG, Urteil v. 17.1.2018, 5 AZR 69/17, NJW-Spezial 2018 S. 402) erfüllt werden.

 

Rz. 15a

Tarifvertragliche Ausschlussfristen oder Aufrechnungen mit Gegenansprüchen verändern daher das Bemessungsentgelt, nach dem die zu tragenden und auch zu zahlenden Beiträge zu berechnen sind, nicht. (Zur Möglichkeit der Schätzung des Arbeitsentgeltes vgl. Komm. zu § 28f SGB IV.) Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (§ 23a SGB IV) entstehen nach der Rechtsänderung des § 22 Abs. 1 SGB IV dur...

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