Rz. 3

Abs. 1 Satz 1 definiert den Begriff Lebenswelten als für die Gesundheit bedeutsame, abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, des Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports. Der lebensweltbezogene Ansatz zielt auf eine Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen. Die Leistungen sollen statt auf den Einzelnen auf die Lebensräume der Menschen einwirken, in denen Einfluss auf die Bedingungen von Gesundheit genommen werden kann.

 

Rz. 4

Die Aufzählung in Satz 1 ist nicht abschließend, sondern nur beispielhaft. Erfasst werden insbesondere auch Kindertagesstätten, die es ermöglichen, Kindern im Alter vom ersten Lebensjahr bis zum Schulalter in dieser Lebensphase gesundheitsförderliche Erlebens- und Verhaltensweisen zu eröffnen, die in einem zweiten Schritt dann auch die Familien und Alleinerziehende erreichen können. Präventionsmaßnahmen in der Schule und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Disziplinen wie etwa der Familienbildung in der Lebenswelt "Kommune/Stadtteil" sollen die Gesundheitsförderung in der Familie unterstützen. Außerhalb der betrieblichen Lebenswelt werden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Arbeitsförderung eingebunden, da gesundheitliche Einschränkungen die berufliche Eingliederung besonders erschweren. Derartige Vermittlungshemmnisse sollen durch eine enge Zusammenarbeit der Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und mit den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende beseitigt werden. Für die Lebenswelt der stationären pflegerischen Versorgung sieht § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB XI eine spezielle Verpflichtung der Pflegekassen vor, Leistungen zu Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 71 Abs. 2 SGB XI zu erbringen. Die Zuständigkeit der Krankenkassen für Leistungen in der Lebenswelt der ambulanten pflegerischen Versorgung bleibt unberührt.

 

Rz. 5

Abs. 1 Satz 2 stellt ebenso wie Abs. 2 klar, dass die Leistungen der Krankenkasse nur unterstützende Funktion haben. Aufgrund der Änderung durch das Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Rz. 1b) folgt aus Abs. 1 Satz 2 allerdings die Pflicht einer verbindlichen Zusammenarbeit der Krankenkassen mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Erbringung von Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten. Die Krankenkassen müssen fortan ihre Leistungen in Lebenswelten im Zusammenwirken mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst erbringen. Mit der Änderung sollen die Gesundheitsämter in die Lage versetzt werden, ihre in den Gesetzen der Länder über deren öffentlichen Gesundheitsdienst meist enthaltenen Aufgaben zur Mitwirkung in der Gesundheitsförderung und Prävention besser erfüllen zu können (BT-Drs. 19/13452 S. 33). Alle für die jeweilige Lebenswelt Verantwortung Tragenden müssen ebenso wie die Versicherten selbst in die Planung einbezogen und an den Aktivitäten beteiligt werden. Gleichzeitig werden nach Satz 3 auch die Krankenkassen zur kassenübergreifenden Zusammenarbeit verpflichtet, da die sich in den Lebenswelten aufhaltenden Menschen i. d. R. bei verschiedenen Krankenkassen versichert sind. Prävention und Gesundheitsförderung sind gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgaben, was eine Finanzierung allein aus Mitteln der Sozialversicherung ausschließt.

 

Rz. 5a

Der GKV-Spitzenverband hat in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene unter Einbeziehung unabhängigen wissenschaftlichen Sachverstandes auch der Menschen mit Behinderung im aktuellen Leitfaden Prävention (https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/leitfaden_praevention/leitfaden_praevention.jsp) die inhaltlichen Handlungsfelder und qualitativen Kriterien für die Leistungen der Krankenkasse in der Primärprävention und betrieblichen Gesundheitsförderung festgelegt, die für die Leistungserbringung vor Ort verbindlich gelten. Die darin abgedeckten Leistungsdaten umfassen die individuelle verhaltensbezogene Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5, die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten nach § 20a sowie betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20b und 20c. Die Krankenkassen dürfen Maßnahmen, die nicht den in diesem Leitfaden dargestellten Kriterien entsprechen, nicht durchführen oder fördern.

Im aktuellen Leitfaden heißt es zur Lebensweltbezogenen Gesundheitsförderung und Prävention nach § 20a:

Die lebensweltbezogene Gesundheitsförderung und Prävention nach § 20a SGB V deckt bedarfsbezogen eine große Bandbreite ab mit Schwerpunkten bei den Themen Ernährung, Bewegung, Stressreduktion, Entspannung, Stärkung psychischer Ressourcen, Vermeidung des/Verhinderung des Einstiegs in den Konsum von Genuss- und Suchtmitteln.

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