Rz. 24

Der mit Wirkung zum 1.1.2004 angefügte (jetzt) Satz 8 enthält eine Haftungsregelung, die entgegen dem sonstigen Inhalt der Vorschrift nicht an die Auflösung oder Schließung einer BKK anknüpft, sondern an die frühere Öffnung einer BKK nach § 173 Abs. 2 Nr. 4. Danach haftet der Arbeitgeber für über das Vermögen der BKK hinausgehende Verpflichtungen der BKK, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Öffnungsbeschlusses bestehen.

 

Rz. 25

Die Regelung knüpfte ursprünglich daran an, dass nach Satz 4 bei einer geöffneten BKK keine Haftung des Arbeitgebers, sondern nur noch die Haftung des Landesverbandes und ggf. für diesen des Bundesverbandes für verbleibende Verbindlichkeiten im Falle der Schließung der BKK bestand. Nach Auffassung des Gesetzgebers konnte diese Regelung bei drohender Wettbewerbs- oder Leistungsunfähigkeit einer nicht geöffneten BKK missbräuchlich genutzt werden, indem der betroffene Arbeitgeber bei sich abzeichnender Kassenschließung rechtzeitig vorher einen Öffnungsbeschluss nach § 173 Abs. 2 Nr. 4 im Verwaltungsrat herbeiführt. Hierdurch konnte sich der Trägerarbeitgeber den drohenden Haftungspflichten entziehen und diese auf den Landesverband abwälzen (so die Begründung BT-Drs. 15/1525 S. 135). Um eine missbräuchliche Nutzung der Öffnungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 2 Nr. 4 zum Zwecke der Haftungsverschiebung zu vermeiden, wurde die Haftung des Arbeitgebers für die Verschuldung der BKK im Zeitpunkt einer Öffnung angeordnet. Die Haftung des Arbeitgebers rechtfertigt sich – solange die BKK nicht geöffnet war – daraus, dass er an dem Öffnungsbeschluss des Verwaltungsrates zur Satzungsänderung (§ 197 Abs. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 2 SGB IV) mitgewirkt hat. Im Falle einer gravierenden Überschuldung kommt auch die Schließung der BKK wegen mangelnder Leistungsfähigkeit mit der Folge der Haftung des Arbeitgebers nach Satz 1 in Betracht. Diese Gründe gelten auch für die nunmehr vorgesehene Haftung der übrigen BKKen nach Satz 4 für die Haftung für Verbindlichkeiten einer geöffneten Krankenkasse.

 

Rz. 26

Für den Fall einer Öffnung der BKK nach § 173 Abs. 2 Nr. 4 ist die Anhörung der Verbände in § 172 vorgesehen, die sich durch Auskünfte oder Unterlagen nach § 172 Abs. 2 einen Überblick über die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der BKK verschaffen können. Gerade für den Fall, dass die zum Zeitpunkt des Öffnungsbeschlusses bestehenden Verbindlichkeiten der BKK Ausdruck der fehlenden Leistungsfähigkeit sein können, wird der Landesverband daher in die Lage versetzt, dies gegenüber der Aufsichtsbehörde geltend zu machen und die Schließung der BKK statt einer Öffnung anzuregen (vgl. Komm. zu § 172).

 

Rz. 27

Der Arbeitgeber hat die Verpflichtungen der BKK zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Öffnungsbeschlusses auszugleichen, soweit sie das Vermögen der BKK übersteigen. Dies setzt einen entsprechenden Vermögensvergleich (Rechnungsabschluss) bezogen auf den Öffnungszeitpunkt voraus (so auch Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB V, § 155 Rz. 24, Stand: Oktober 2014). Die Regelung lässt offen, wer diese Bilanzierung durchzuführen hat. Grundsätzlich wird man wohl davon ausgehen müssen, dass dies durch den Vorstand nach § 35a SGB IV zu erfolgen hat, denn dieser führt die Geschäfte der BKK auch über den Eröffnungsbeschluss hinaus und hat – wie im Falle einer Schließung, vgl. Rz. 17 – die Forderung gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen, weil es sich um eine Forderung der BKK und damit um ein laufendes Verwaltungsgeschäft handelt. Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass die für die Genehmigung des Öffnungsbeschlusses zuständige Aufsichtsbehörde, ggf. auf Anregung des in der Folgezeit haftenden Landesverbandes, die Bilanzierung zum Öffnungszeitpunkt vornimmt.

 

Rz. 28

Der Arbeitgeber hat die Forderung für die Unterdeckung innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten der Satzungsbestimmung auszugleichen. Dabei handelt es sich um eine dem Arbeitgeber eingeräumte Zahlungsfrist, wobei vorausgesetzt wird, dass der genaue Haftungsbetrag zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Öffnungsbeschlusses bereits feststeht. Die Frist von 6 Monaten schließt jedoch die erst spätere Feststellung des genauen Fehlbetrages zum Zeitpunkt des Öffnungsbeschlusses nicht aus; insbesondere wenn Uneinigkeit über den genauen Haftungsbetrag besteht, denn keinem der Beteiligten ist eine Befugnis zur einseitigen und verbindlichen Feststellung des Fehlbetrages eingeräumt. Wird der Fehlbestand erst längere Zeit nach dem Wirksamwerden des Öffnungsbeschlusses festgestellt, verkürzt sich die Zahlungsfrist des Arbeitgebers entsprechend. Erfüllt der Arbeitgeber diese Zahlungspflicht nicht, kann er nur mit der Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG von der BKK in Anspruch genommen werden, da es an einem Unter-/Überordnungsverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber für die Haftung fehlt.

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