Rz. 5

Mit der Wirksamkeit der Auflösung oder der Schließung einer BKK durch die Aufsichtsbehörde endet deren rechtliche Existenz als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit insbesondere auch deren Rechtsfähigkeit. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht aber die BKK noch und hat auch bis dahin ihre öffentlich-rechtlichen Aufgaben wahrzunehmen. Sie wird daher zum Schließungszeitpunkt eine nicht unerhebliche Anzahl von noch nicht erledigten Rechtsbeziehungen haben, sei es als zivil- oder öffentlich-rechtliche Schuldnerin oder als Gläubigerin. Diese wechselseitigen Ansprüche und Verbindlichkeiten erledigen sich nicht mit der Schließung der BKK, sondern müssen weiter verfolgt und erfüllt werden, was nach den gesetzlichen Regelungen erst nach der Schließung im Rahmen der Abwicklung (einer Liquidation vergleichbar) geschehen soll.

 

Rz. 6

Es müssen unter Einhaltung von Kündigungsfristen zivilrechtliche Dauerschuldverhältnisse (Mietverträge, Dienst- und Werkverträge) beendet werden. Die Arbeitsverhältnisse, wenn diese zur BKK bestanden, weil der Betriebsinhaber die Übernahme der Personalkosten abgelehnt hatte oder es sich um eine geöffnete BKK handelte (vgl. Komm. zu § 147) enden grds. mit der Auflösung oder Schließung der BKK nach Maßgabe von Abs. 4 Satz 9 i. V. m. § 164 Abs. 4 Satz 1. Auch Leistungs-, Beitrags- und Erstattungsansprüche und Ansprüche der Leistungserbringer für die ehemaligen Mitglieder und Versicherten müssen erst dem Grunde und/oder der Höhe nach geklärt werden; streitige und rechtshängige Ansprüche durch Abschluss des Klageverfahrens. Damit dies wegen des Verlustes der Rechtsfähigkeit durch die Schließungsverfügung überhaupt rechtlich möglich ist, bestimmt Abs. 1 Satz 2 im Wege einer Fiktion, dass die BKK als fortbestehend gilt, soweit dies durch den Zweck der Abwicklung erforderlich ist. Diese Regelung erfolgte unter Anlehnung an § 49 Abs. 2 BGB zum Vereinsrecht, bei Verlust der Rechtsfähigkeit eines Vereins. Die Fortbestehensfiktion erstreckt sich nicht ausdrücklich auch auf die Pflegekasse. Das bedeutet, dass trotz bestandskräftiger formeller Auflösung die BKK (und der bei ihr errichteten Pflegekasse) als öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger, allerdings mit auf den Zweck der Abwicklung begrenzter Rechtsfähigkeit weiter besteht, also auch mit den damit verbundenen hoheitlichen Befugnissen, z. B. zum Erlass von Beitragsbescheiden gegenüber Dritten. Es findet jedoch keine Rechtsnachfolge statt.

 

Rz. 7

Für die Abwicklung der Geschäfte zuständig und damit auch vertretungsberechtigt ist der Vorstand der ehemaligen BKK als Abwicklungsorgan. Während nach dem bei Erlass der Regelung geltenden Recht der Vorstand als Organ der Selbstverwaltung Abwicklungsorgan war (vgl. § 31 SGB IV i. d. F. bis 31.12.1995), ist durch die Änderung des Selbstverwaltungsrechts (Art. 3 Nr. 2 ff. Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) seit dem 1.1.1996 der hauptamtliche Vorstand der BKK (§ 35a SGB IV), der kein Organ der Selbstverwaltung ist, für die Abwicklung zuständig. Der Verwaltungsrat als Selbstverwaltungsorgan ist daher an dieser Abwicklung nicht mehr beteiligt. Dieser verliert vielmehr mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Auflösung oder Schließung seine Organstellung und auch seine Aufsichtsbefugnis im Abwicklungsverfahren gegenüber dem Vorstand. Ob diese Befugnis dann auch auf die Aufsichtsbehörde übergeht (so Mühlhausen, in: Becker/Kingreen, SGB V, 6. Aufl., §§ 152-155 Rz. 14; Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB V, § 155 Rz. 3, Stand: Oktober 2014.), ist dem Gesetz nicht zweifelsfrei zu entnehmen.

 

Rz. 8

Durch den Wegfall der Selbstverwaltungsorgane entfallen auch die besonderen Ausschüsse der Selbstverwaltung, z. B. der Widerspruchsausschuss nach § 36a SGB IV. Da die aufgelöste BKK jedoch, soweit es die Abwicklung erfordert, weiterhin auch als Versicherungsträger tätig ist, also Bescheide erlassen kann und muss, ist sie damit auch Widersprüchen ausgesetzt. Ob hier der Vorstand zugleich auch (abweichend von § 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG) als Widerspruchsausschuss tätig zu sein hat oder in diesen Fällen (abweichend von § 78 Abs. 1 SGG) ohne Widerspruchsbescheid unmittelbar Klage erhoben werden kann, ist völlig unklar und offensichtlich bei der Änderung der Organisationsstruktur und dem dabei vorgenommenen Austausch der Begriffe nicht bedacht worden.

 

Rz. 9

Da der Vorstand selbst nicht alle Geschäfte persönlich abwickeln kann, wird er sich dazu der Mithilfe des vorhandenen Personals bedienen und soweit erforderlich auch neues Personal einstellen können, wenn die BKK bisher Arbeitgeber der Bediensteten war. Auch insoweit gilt die BKK dann als fortbestehend. Hat der Arbeitgeber die Personalkosten getragen und zu tragen, so gilt dies auch für die Zeit der Abwicklung einschließlich der Kosten für den Vorstand selbst.

 

Rz. 9a

Die durch das Gesetz über die Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-OrgWG mit Wirkung zum 1.1.2009 angefügten Sätze 3 und 4 sehen vor, dass die Aufsichtsbehörde na...

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