Rz. 8

Nach Abs. 1 Satz 1 darf eine selbständige ärztliche oder zahnärztliche Behandlung, die gegenüber gesetzlich Versicherten zulasten der Krankenkassen erfolgt, nur von Ärzten oder Zahnärzten erbracht werden (BSG, Urteil v. 12.5.1993, 6 RKa 21/91; Beschluss v. 22.1.1998, B 1 KR 30/97 B). Arzt bzw. Zahnarzt ist, wer eine Ausbildung nach den Vorschriften des entsprechenden Berufsrechts absolviert und die Approbation erhalten hat (Bundesärzteordnung – BÄO – bzw. Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde i. V. m. der Approbationsordnung für Ärzte bzw. Zahnärzte). Arzt in diesem Sinne ist darüber hinaus, wer zwar über keine Approbation nach den o. g. Vorschriften verfügt (d. h. vor allem ausländische Ärzte), dem jedoch aufgrund einer Sonderregelung eine Ausübung der ärztlichen oder zahnärztlichen Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland erlaubt ist. Allerdings kann eine Krankenbehandlung zulasten der Krankenkasse grundsätzlich nur durch Vertragsärzte bzw. Vertragszahnärzte (§§ 72 ff., § 95) erfolgen; andere Ärzte können gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 nur in Notfällen in Anspruch genommen werden.

 

Rz. 9

Andere zur Ausübung von Heilkunde berechtigte Personen (z. B. Heilpraktiker) sind aufgrund des Arztvorbehalts von der ärztlichen Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, was nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BSG, Urteil v. 12.5.1993, 6 RKa 21/91; Beschluss v. 22.1.1998, B 1 KR 30/97 B; BVerfG, Beschluss v. 9.12.1982, 1 BvR 1119/82; BVerfG, Beschluss v. 10.5.1988, 1 BvR 111/77).

 

Rz. 10

Der Arztvorbehalt gilt nur, soweit die Tätigkeit der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Berufsausübung zuzurechnen ist. Der Inhalt der ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung ist in § 28 konkretisiert. Die ärztliche Behandlung umfasst danach die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 1 Satz 1). Die ärztliche Tätigkeit erfordert somit auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende ärztliche Sachkunde (BSG, Urteil v. 30.3.1993, 3 RK 1/93). Handwerklich-technische Leistungen, die kein ärztliches Fachwissen erfordern, sind dagegen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht ausschließlich den Vertragsärzten vorbehalten. So fällt z. B. das Bestimmen der Sehschärfe für eine Brillenbeschaffung nicht unter den Arztvorbehalt, sondern darf von Optikern vorgenommen werden (BSG, Urteil v. 18.9.1973, 6 RKa 2/72). Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 2 Satz 1).

 

Rz. 11

Nach dem zum 1.1.1999 in Kraft getretenen Psychotherapeutengesetz (PsychThG) v. 16.6.1998 (BGBl. I S. 1311) nehmen auch approbierte psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bei der Erbringung von psychotherapeutischer Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 28 Abs. 3) – die grundsätzlich zur ärztlichen Behandlung gehört (§ 28 Abs. 3 Satz 1) – wie Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung teil (§§ 72, 95). Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Inanspruchnahme von nichtärztlichen Psychotherapeuten im sog. Delegationsverfahren als Hilfeleistung i. S. v. Abs. 1 Satz 2 angesehen (vgl. Rz. 13 ff.).

 

Rz. 11a

Eine weitere Ausnahme vom Arztvorbehalt ist seit dem 1.7.2008 in Abs. 1 Satz 1 HS 2 enthalten, der auf § 63 Abs. 3c verweist. Nach dieser Vorschrift können Modellvorhaben nach § 63 Abs. 1 (d. h. Möglichkeiten neuer Versorgungsformen) eine Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten, bei denen es sich um selbständige Ausübung von Heilkunde handelt und für die die Angehörigen der im Krankenpflegegesetz geregelten Berufe aufgrund einer Ausbildung nach § 4 Abs. 7 des Krankenpflegegesetzes qualifiziert sind, auf diese Berufsgruppe vorsehen. Es ist damit im Rahmen von Modellvorhaben möglich, dass bestimmte ärztliche Leistungen von entsprechend qualifizierten Pflegefachkräften ohne vorherige ärztliche Veranlassung erbracht werden. Diese Substitution ärztlicher Leistungen im Rahmen von Modellvorhaben und Ausweitung des Kreises der Leistungserbringer hält der Gesetzgeber für erforderlich, um dem sich abzeichnenden und zum Teil schon eingetretenen Hausärztemangel in strukturschwachen Regionen entgegenzutreten (BT-Drs. 16/7429 S. 96; vgl. auch Komm. zu § 63).

 

Rz. 12

Die vertragsärztliche Tätigkeit ist geprägt durch den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung (BSG, Urteil v. 13.10.2010, B 6 KA 40/09 R, SozR 4-5520 § 20 Nr. 3). Ärzte und Zahnärzte haben danach ihre Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä/§ 14 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä, § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV BT-Drs. 11/2237 S. 171 zu § 28), dürfen aber unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 andere Personen zu Hilfeleistun...

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