Rz. 2

Die durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) in das Gesetz eingefügte Vorschrift zieht die Konsequenzen aus dem Wegfall der gesetzlichen Zuständigkeiten für Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, dem Wegfall der Unterscheidung der Krankenkassen in Primär- und Wahlkassen und die Ersetzung der Zuständigkeitsbestimmung durch die (weitgehend) freie Wahl einer Krankenkasse nach §§ 173 ff. (vgl. Komm. dort). Mit der freien Wahl einer Krankenkasse als dann und dadurch zuständigem Krankenversicherungsträger besteht auch keine Notwendigkeit mehr, zumindest eine Krankenkassenart als Basiskasse für eine bestimmte Region in ihrem Bestand zu sichern, so dass nunmehr auch die Schließung einer Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) möglich ist. Die Schließung einer AOK kommt überhaupt nur in Fällen der nicht mehr gesicherten Leistungsfähigkeit in Betracht. Da die Regelungen des SGB V an den Bestand der vorhandenen AOKs anknüpften und keine weiteren Voraussetzungen und/oder Fortbestehensgründe vorgesehen sind, sind andere Schließungsgründe (z. B. fehlende Errichtungsvoraussetzungen etc.) bei Ortskrankenkassen nicht vorgesehen. Der Fall des Streites über die Rechtmäßigkeit einer Fusion zweier Krankenkassen und der vollzogenen Fusionsgenehmigung führt allerdings nicht zur Anwendung des § 146a über die Schließung, sondern im Ergebnis "lediglich" zum Fortbestand der vorherigen AOKen vor der Fusion (a. A. offenbar Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 146a Rz. 5, Stand: 10.12.2018).

 

Rz. 3

Die AOKen hatten bislang eine Bestandsgarantie und Bestandsschutz, da sie für alle die Versicherungspflichtigen zuständig waren, die bei keiner anderen Krankenkasse Mitglied waren. Sie erfüllten insoweit die Funktion als Basis- und Auffangkassen. Mit dem Wegfall dieser gesetzlichen Zuständigkeiten bedurfte es keiner Bestandsgarantie mehr, weil weitgehend andere Krankenkassen als zuständige Krankenversicherungsträger gewählt werden können (vgl. § 173 und Komm. dort). Auch die AOKen müssen sich nunmehr dem Wettbewerb stellen. Erweist sich dann eine AOK als nicht mehr leistungsfähig, ist sie von der Aufsichtsbehörde zu schließen. Die Schließung hat auch zur Folge, dass damit auch die bei ihr errichtete Pflegekasse geschlossen ist (vgl. § 46 Abs. 1 SGB XI). Trotz der rechtlichen Eigenständigkeit der Pflegekassen nach § 46 Abs. 2 SGB XI (vgl. BSG, Urteil v. 7.11.2000, B 1 A 4/99 R) bestehen jedoch keine eigenständigen oder abweichenden Regelungen für die Schließung der Pflegekasse. Dies dürfte seinen Grund darin haben, dass die Pflegekasse organisatorisch und personell so eng mit der Krankenkasse gebunden ist, bei der sie errichtet ist, dass sie als eigenständiger Sozialversicherungsträger gar nicht bestehen kann.

 

Rz. 4

Da es an Vorschriften über die Neu- oder Wiedererrichtung von AOKen fehlt, bedeutet die Schließung einer AOK, deren Geschäftsbereich regional bestimmt ist, dass künftig in der entsprechenden Region keine AOK mehr vorhanden ist. Andere AOKen können ihren regionalen Zuständigkeitsbereich nicht auf dieses Gebiet ausweiten. In der bisherigen Praxis wurde diese Folge aber zumeist durch die Vereinigung (Fusion) von AOKen, was nach § 144 Abs. 1 nunmehr auch über Landesgrenzen hinweg möglich ist, vermieden.

 

Rz. 4a

Die Änderung in Satz 2 über die Mindestfrist von 8 Wochen zwischen dem Schließungsbescheid und dem Schließungszeitpunkt durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) geht darauf zurück, dass im Zusammenhang mit der Schließung von Ortskrankenkassen der bisher gewählte Krankenversicherungsträger kraft Gesetzes untergeht und mangels gesetzlicher Zuweisung die Mitglieder eine neue Krankenkasse wählen müssen. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/8005 S. 160) führt daher aus: "Die Regelung legt einen Mindestzeitraum fest, der von den Aufsichtsbehörden bei der Schließung einer Ortskrankenkasse einzuhalten ist, bevor die Schließung wirksam wird. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass für die Mitglieder einer geschlossenen Krankenkasse ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung steht, um das Wahlrecht zu einer neuen Krankenkasse auszuüben, so dass davon ausgegangen werden kann, dass diese zum Zeitpunkt, in dem die Schließung wirksam wird, eine Mitgliedschaft bei einer neuen Krankenkasse begründet haben. Die hierfür erforderlichen flankierenden Regelungen zum Verfahren der Ausübung des Kassenwahlrechts im Fall der Schließung einer Krankenkasse werden in § 175 Absatz 3a geregelt."

 

Rz. 4b

Ob diese Frist für den Schließungszeitpunkt und die formularmäßige Informationspflicht über einen notwendigen Krankenkassenwechsel durch Ausübung des Krankenkassenwahlrechts nach § 173 ausreicht, insbesondere ältere Mitglieder, die in der Vergangenheit der AOK zugewiesen worden waren, zu einem kurzfristigen Krankenkassenwechsel zu veranlassen, um einen lückenlosen K...

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