Rz. 9

Die Vereinbarung des Erstattungsbetrages für ein nicht festbetragsfähiges Arzneimittel mit neuem Wirkstoff gehört zu den gesetzlich zugewiesenen Aufgaben des GKV-Spitzenverbandes (§ 217f Abs. 1). Nach § 217e Abs. 2 sind die vom GKV-Spitzenverband abgeschlossenen Verträge bzw. Vereinbarungen grundsätzlich für die Mitgliedskassen des GKV-Spitzenverbandes, d. h. für alle gesetzlichen Krankenkassen (vgl. § 4), die Landesverbände der Krankenkassen sowie für die Versicherten bindend. Darüber hinaus werden die Erstattungsbeträge für Arzneimittel nach Abs. 1 Satz 1 "mit Wirkung für die Krankenkassen" vereinbart. Nach § 130c haben die Krankenkassen oder ihre Verbände allerdings die Möglichkeit, mit pharmazeutischen Unternehmern im Ergebnis noch günstigere Vereinbarungen über die Erstattung von Arzneimitteln zu treffen, z. B. wenn für bestimmte Arzneimittel die kassenbezogenen Umsatzgrößen in die Verhandlung einbezogen werden.

 

Rz. 10

Der pharmazeutische Unternehmer ist an die von ihm selbst getroffene Vereinbarung des Erstattungsbetrages gebunden, auch wenn der Erstattungsbetrag nicht vereinbart, sondern durch Spruch der Schiedsstelle nach Abs. 5 festgesetzt worden sein sollte. Der pharmazeutische Unternehmer behält aber jederzeit das Recht, den Arzneimittelpreis unterhalb des vereinbarten oder festgesetzten Erstattungsbetrages festzulegen, jedoch nicht oberhalb des Erstattungsbetrages. Die Formulierung "gewährt" in Abs. 1 Satz 3 brachte diese Bindung für den pharmazeutischen Unternehmer schon bisher zum Ausdruck, ebenso das "gewährt" in den Sätzen 4 und 5, sodass der vereinbarte oder festgesetzte Erstattungsbetrag des pharmazeutischen Unternehmers auch für den Großhandel und die Apotheken Gültigkeit hatte. Die mit Wirkung zum 1.4.2014 eingeführten Änderungen in § 78 Abs. 3a AMG sowie in § 2 Abs. 1 AMPreisV haben die für den gesamten Arzneimittelmarkt gültigen Bestimmungen über den Abgabepreis und die Preisbildung auch für Arzneimittel mit einem vereinbarten oder festgesetzten Erstattungsbetrag gebündelt und abschließend geregelt, sodass damit die Sätze 2 bis 5 in Abs. 1 der Vorschrift entbehrlich geworden sind. In der aktuellen Fassung der Vorschrift wird ausschließlich der Erstattungsbetrag behandelt, das Wort Rabatt kommt nicht mehr vor. Die Rabatte der Apotheken nach § 130 bzw. der pharmazeutischen Unternehmer nach § 130a (Herstellerabschlag) bleiben unberührt.

 

Rz. 11

Die Vereinbarung über den Erstattungsbetrag für ein neues Arzneimittel hat nach Abs. 1 Satz 1 im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung zu erfolgen. Über dieses Anhörungsrecht kann die private Krankenversicherung Einfluss auf die Entwicklung der Vereinbarung nehmen, aber die Letztentscheidung, ob die Vereinbarung geschlossen wird, bleibt auf Krankenkassenseite dem GKV-Spitzenverband vorbehalten. Eine über das Anhörungsrecht hinausgehende Beteiligung der privaten Krankenversicherung wäre schon deshalb nicht sachgerecht, weil sie nicht selbst, sondern der privat Krankenversicherte Träger des Rabattanspruchs nach § 78 Abs. 3a AMG ist. Deshalb bezieht sich ihre Mitwirkung nur auf die Höhe des Erstattungsbetrages und nicht auf die Vereinbarungen zur Zweckmäßigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit einer Verordnung oder auf die Vorgaben zu den Praxisbesonderheiten, die nur die gesetzliche Krankenversicherung betreffen. Ist die Vereinbarung über den Erstattungsbetrag geschlossen oder durch Schiedsstellenentscheidung festgesetzt, gibt der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel zum Erstattungsbetrag ab (§ 78 Abs. 3a Satz 1 AMG). Abweichend davon kann der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel zu einem Betrag unterhalb des Erstattungsbetrages abgeben, wobei aber die Verpflichtung in § 3 Satz 1 HS 1 AMG unberührt bleibt, einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen. Der einheitliche Abgabepreis gilt für alle gesetzlichen Krankenkassen sowie für Personen, die das Arzneimittel nicht als Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse im Wege der Sachleistung erhalten (vgl. § 78 Abs. 3a Satz 3 AMG), also auch für Nichtversicherte (z. B. Beihilfeberechtigte nach beamtenrechtlichen Vorschriften) oder privat krankenversicherte Selbstzahler und damit im Ergebnis auch für private Krankenversicherungsunternehmen sowie für Beihilfestellen.

Der GKV-Spitzenverband gibt regelmäßig eine unverbindliche Information zu den Verhandlungen der Erstattungsbeträge nach § 130b heraus, die aber keine amtliche Veröffentlichung darstellt. Darin sind die Arzneimittel aufgeführt, für die ein Erstattungsbetrag vereinbart oder festgesetzt wurde. Ebenso sind in der Übersicht die Arzneimittel enthalten, die der pharmazeutische Unternehmer im Anschluss an die Veröffentlichung der Nutzenbewertung aus dem Verkehr genommen hat (sog. "Opt-Out" nach § 4 Abs. 7 der Rahmenvereinbarung). Die letzte Aktualisierung stammt vom 24.2.2020, an dem für den Wirkstoff Abemaciclib (Handelsname Verzenios®) der Erstattungsbetrag vereinbart wurde.

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