Rz. 26

Der Kostenerstattungsanspruch tritt an die Stelle des Sachleistungsanspruchs und kann daher grundsätzlich nicht weitergehen als dieser. Es ist somit erforderlich, dass der Versicherte einen entsprechenden Sachleistungsanspruch gehabt hätte, den die Krankenkasse jedoch nicht bzw. nicht rechtzeitig erfüllt hat (st. Rspr. des BSG, vgl. Urteil v. 24.4.2018, B 1 KR 10/17 R m. w. N.). Es muss sich daher um eine medizinische Maßnahme handeln, die ihrer Art nach oder allgemein von der Krankenkasse als Sachleistung zu erbringen sind oder nur deswegen nicht erbracht werden können, weil ein sog. Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil v. 8.9.2015, B 1 KR 14/14 R, Rz. 17; BSG, Urteil v. 7.5.2013, B 1 KR 44/12 R).

2.3.2.1 Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

 

Rz. 27

Da grundsätzlich nur Leistungen des Leistungskatalogs des § 11, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 2 Abs. 4, § 12 Abs. 1), Gegenstand eines Sachleistungsanspruchs und damit auch Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 sein können (BSG, Urteil v. 24.4.2018, B 1 KR 10/17 R; BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 1 KR 24/06 R), kommt eine entsprechende Kostenerstattung grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in Anspruch genommen wurde, deren Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit nicht in dem nach § 135 Abs. 1 vorgesehenen Verfahren festgestellt worden ist. § 135 Abs. 1 schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur zulasten der Krankenkassen abgerechnet werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 positive Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Der Bundesausschuss soll darüber wachen, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse nicht auf unwirksame oder unwirtschaftliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ausgedehnt wird. Daher kann es nicht darauf ankommen, wann das betreffende Verfahren entwickelt oder erstmals eingesetzt wurde. Neu sind vielmehr solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im EBM-Ä enthalten oder dort zwar aufgeführt sind, deren Indikationen aber eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren haben (st. Rspr. vgl. BSG, Urteil v. 7.5.2013, B 1 KR 44/12 R; BSG, Urteil v. 28.3.2000, B 1 KR 11/98 R).

 

Rz. 28

Zu beachten ist, dass es sich bei einer Therapie, die sich in der Anwendung eines für die betreffende Indikation zugelassenen neuartigen Arzneimittels erschöpft, grundsätzlich nicht um neue Methoden i. S. v. § 135 Abs. 1 Satz 1 handelt und diese damit keiner Empfehlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss benötigt (BSG, Urteil v. 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R; Urteil v. 28.3.2000, B 1 KR 11/98 R; vgl. auch die Komm. zu § 135). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass grundsätzlich im Falle der arzneimittelrechtlichen Zulassung eines solchen Medikaments nach § 21 AMG der Mindeststandard einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung i. S. des Krankenversicherungsrechts erfüllt ist (BSG, a. a. O.). Ambulant durchgeführte Pharmakotherapien unterliegen dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 deswegen nur dann, wenn die eingesetzten Präparate keine Zulassung nach dem AMG benötigen, wie das z. B. bei Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln der Fall ist, die für den einzelnen Patienten auf besondere Anforderung hergestellt werden (BSG, a. a. O.). Außerdem ist eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses auch dann erforderlich, wenn eine Arzneimitteltherapie Bestandteil einer Therapieform ist, die sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener – für sich jeweils anerkannter oder zugelassener – Maßnahmen zusammensetzt (BSG, a.a.O.).

 

Rz. 29

Bei einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode kommt ohne Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss eine Kostener­stattung nur ausnahmsweise in Betracht und zwar dann, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht und etwa darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz des Vorliegens der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden ist (sog. Systemversagen, vgl. BSG, Urteil v. 2.9.2014, B 1 KR 3/13 R; BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 1 KR 24/06 R m. w. N.). Wird die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen, d. h. rechtswidrig blockiert oder verzögert, muss eine sich hieraus ergebende Versorgungslücke zugunsten des Versicherten mithilfe von § 13 Abs. 3 geschlossen werden. Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot ...

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