Rz. 23

Im Gegensatz zu Abs. 2 eröffnet die Regelung in Abs. 3 den Versicherten nicht generell die Möglichkeit, Kostenerstattung zu wählen, sondern sie gewährt in 2 Alternativen einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem als Sach- oder Dienstleistung entweder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann oder von der Krankenkasse rechtswidrig abgelehnt wurde (BSG, Urteil v. 2.9.2014, B 1 KR 3/13 R; BSG, Urteil v. 25.9.2000, B 1 KR 5/99 R). Der Versicherte hat sich in diesen Fällen die Leistung also aufgrund eines Systemversagens außerhalb des Sachleistungssystems selbst beschafft, indem er mit dem Leistungserbringer einen privatrechtlichen Vertrag über die Inanspruchnahme abschließt. Die Vorschrift ist damit auf Fälle zugeschnitten, in denen sich der Versicherte bewusst außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln lässt. Dagegen greift § 13 Abs. 3 nicht ein, wenn die Behandlung sowohl vonseiten des Leistungserbringers als auch vonseiten des Versicherten erkennbar als Sachleistung zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden soll und lediglich bei der Abwicklung gegen die Grundsätze des Leistungsrechts verstoßen wird (BSG, Urteil v. 9.6.1998, B 1 KR 18/96 R). Da in letzteren Fällen ein durchsetzbarer Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Versicherten nicht in Betracht kommt, kann auch kein Kostenerstattungsanspruch des Versicherten gegenüber der Krankenkasse bestehen (BSG, Urteil v. 4.4.2006, B 1 KR 5/05 R; BSG, Urteil v. 9.10.2001, B 1 KR 6/01 R). Die Vorschrift enthält eine abschließende gesetzliche Regelung für auf dem Herstellungsgedanken beruhende Kostenerstattungsansprüche im Krankenversicherungsrecht. Die Grundsätze des richterrechtlich entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs können daneben nicht angewandt werden (BSG, Urteil v. 26.5.2020, B 1 KR 21/19 R). Die Krankenkassen haben den Versicherten zu gewährleisten, dass die gesetzlich vorgesehenen Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden und haften ihren Mitgliedern gegenüber für den Verschaffungserfolg. In § 13 Abs. 3 stellt das Gesetz in Rechnung, dass das krankenversicherungsrechtliche Naturalleistungssystem trotz aller gesetzlicher Vorkehrungen unter Umständen nicht in der Lage ist, das dem Versicherten Geschuldete überhaupt, rechtzeitig oder in der gebotenen Qualität zu erbringen. Sofern dem Versicherten die Sach- oder Dienstleistung hätte zur Verfügung gestellt werden müssen, dies aber zum Zeitpunkt der Unaufschiebbarkeit der Bedarfsdeckung nicht geschehen ist und der Versicherte insoweit mit eigenen Mitteln eingetreten ist, hat die Krankenkasse ihn schadlos zu stellen, falls die Nichterfüllung auf einem Unvermögen des Leistungssystems oder auf rechtlichem Versagen der Krankenkasse (rechtswidrige Ablehnung der Dienst- oder Sachleistung) beruht. Der Anspruch ist auf eine Geldleistung oder auch auf die Freistellung von einer Verbindlichkeit gerichtet (BSG, Urteil v. 11.7.2017, B 1 KR 1/17 R; BSG, Urteil v. 16.2.2005, B 1 KR 18/03 R).

2.3.1 Allgemeine Voraussetzungen

 

Rz. 24

Auch wenn dies nicht ausdrücklich angeordnet ist, setzt eine Kostenerstattung nach Abs. 3 in der Regel voraus, dass ein zugelassener Leistungserbringer in Anspruch genommen wurde (BSG, Urteil v. 10.5.1995, 1 RK 14/94). Dieses Erfordernis ergibt sich ebenfalls aus dem Grundsatz, dass der Kostenerstattungsanspruch nur an die Stelle des Sachleistungsanspruchs tritt und daher inhaltlich nicht weitergehen kann. Eine Ausnahme ist allerdings dann begründet, wenn eine Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Versicherte daher auf die Hilfe eines nur privatärztlich behandelnden Nichtvertragsarztes angewiesen ist (BSG, Urteil v. 18.12.2018, B 1 KR 34/17 R; BSG, Urteil v. 24.5.1972, 3 RK 25/69). Dies gilt vor allem in Fällen in denen ein zugelassener Leistungserbringer nicht rechtzeitig oder gar nicht zur Verfügung steht (BSG, Urteil v. 18.12.2018, B 1 KR 34/17 R), aber auch dann, wenn dem Versicherten aus anderen Gründen der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer versperrt ist (BSG, Urteil v. 18.1.1996, 1 RK 22/95). Für Leistungen von anderen als krankenversicherungsrechtlich zulässigen Leistungserbringern, wie etwa Heilpraktikern oder Kosmetikerinnen, kann eine Kostenerstattung nicht verlangt werden, weil auch eine Sachleistung insoweit nicht gewährt werden dürfte und der Versicherte daher in jedem Fall mit den Kosten belastet bliebe (BSG, Urteil v. 17.12.2020, B 1 KR 19/20 R; BSG, Urteil v. 18.12.2018, B 1 KR 34/17; BSG, Urteil v. 15.4.1997, 1 RK 4/96).

 

Rz. 25

Geht es um die Kostenerstattung für Arznei- oder Heilmittel, ist grundsätzlich eine vertragsärztliche Verordnung zu verlangen, da auch ein entsprechender Sachleistungsanspruch das Vorliegen einer solchen Verordnung voraussetzen würde (BSG, Urteil v. 19.11.1996, 1 RK 15/96). Die §§ 31, 3...

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