Rz. 1a

Die Vorschrift gehört zum Vierten Abschnitt SGB V, der die Überschrift Beziehungen zu Krankenhäusern und Vertragsärzten trägt und die §§ 115 bis 122 umfasst. Sie behandelt ambulante Krankenhausleistungen durch psychiatrische Institutsambulanzen und zählt somit zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (vgl. § 116b), in der Vertragsärzte und Krankenhausambulanzen nach einheitlichen Rechtsvorschriften Patienten versorgen.

Bestimmte Gruppen schwer und chronisch psychisch Kranker können aufgrund ihrer Krankheit nicht ausreichend durch niedergelassene Vertragsärzte/medizinische Versorgungszentren oder niedergelassene Vertragspsychotherapeuten (§ 95) ambulant behandelt werden. Es handelt sich dabei um Patienten, die einerseits dringend und kontinuierlich ambulant psychiatrisch, psychotherapeutisch oder psychosomatisch behandelt werden müssen, andererseits aber wegen der Art, Schwere und Verlaufsdauer ihrer Krankheit (z. B. Schizophrenie, schwere Verläufe von Suchterkrankungen, psychisch Alterskranke mit schweren Nachfolgekrankheiten) von sich aus die fachlich infrage kommenden Vertragsärzte/medizinische Versorgungszentren oder niedergelassenen Vertragspsychotherapeuten nicht aufsuchen, sodass sich eine Symptombesserung und eine soziale Stabilisierung ihres Krankheitszustandes nicht erreichen lassen. Dies ist i. d. R. der Fall, wenn in der Vergangenheit mehrere Krankheitsverschlimmerungen oder -wiederholungen auch mit meist längeren Krankenhausaufenthalten stattgefunden haben. Im Einzelfall kann darüber hinaus auch bei Ersterkrankung oder Erkrankungen von erst kurzer Dauer eine ambulante Behandlung durch die psychiatrische Institutsambulanz angebracht sein, wenn dadurch eine stationäre Aufnahme vermieden werden kann oder bei der geplanten Entlassung aus der stationären Behandlung die vorgenannten Kriterien der Schwere der Erkrankung erfüllt sind und mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass der Kranke die medizinisch notwendige, kontinuierliche Behandlung durch einen niedergelassenen Vertragsarzt/medizinisches Versorgungszentrum oder niedergelassenen Vertragspsychotherapeuten nicht fortsetzen wird. Die Zielrichtung der Vorschrift ist die Vermeidung stationärer Krankenhausbehandlungen, die Verkürzung stationärer Behandlungszeiten sowie die Optimierung der Behandlungsabläufe, um dadurch die soziale Integration der Kranken zu stabilisieren. Das Instrument für die Erreichung dieser Ziele ist die Gewährleistung der Behandlungskontinuität. Dagegen ist es nicht Ziel der Ermächtigung von psychiatrischen Institutsambulanzen, neben der ambulanten außerklinischen Versorgung zusätzliche Angebote im Sinne von Doppelstrukturen aufzubauen.

 

Rz. 1b

Die Besonderheiten der ambulanten psychiatrischen, psychotherapeutischen oder psychosomatischen Versorgung dieser Kranken erfordern eine enge Verzahnung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung. Es handelt sich oftmals um Kranke, die während ihrer meist langdauernden stationären Behandlung ein besonderes Vertrauensverhältnis zu den behandelnden Ärzten des psychiatrischen Krankenhauses entwickelt haben. Für das erreichte Behandlungsstadium wäre es ungünstig, nach der Entlassung aus der stationären Behandlung das gewachsene Vertrauensverhältnis zu den Behandlern im Krankenhaus abrupt zu beenden und den Patienten wegen des grundsätzlichen Vorrangs der nach § 95 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer bei der ambulanten Versorgung an einen niedergelassenen Vertragsarzt/medizinisches Versorgungszentrum oder niedergelassenen Vertragspsychotherapeuten zu verweisen. Der bereits erreichte Behandlungserfolg würde zunichte gemacht oder zumindest zurückgeworfen, da der Patient und der neue Behandler, falls ein solcher vom Patienten überhaupt aufgesucht würde, erst wieder ein Vertrauensverhältnis entwickeln müssten; nicht selten war es deshalb vorgekommen, dass dieser psychisch kranke Patient innerhalb kurzer Zeit erneut stationär aufgenommen werden musste. Die Praxis spricht dann vom sog. "Drehtüreffekt", der im Allgemeinen nur hohe Kosten verursacht, aber bezogen auf den Krankheitszustand des Patienten nichts oder nur sehr wenig bringt.

 

Rz. 1c

Um diesem Missstand abzuhelfen, ist die Möglichkeit, psychiatrische Krankenhäuser oder Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen psychiatrischen Abteilungen und regionaler Versorgungsverpflichtung zur Teilnahme an der ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu ermächtigen, konkretisiert und erweitert worden. Insoweit dienen diese speziellen Ermächtigungen, die nicht vom Bestehen einer Versorgungslücke, einer bestehenden oder drohenden Unterversorgung oder einer Bedarfsprüfung durch den Zulassungsausschuss abhängen, sowohl der Verbesserung der Qualität als auch der Wirtschaftlichkeit der Versorgung dieses besonderen Klientels.

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