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Nach § 9 Bedarfsplanungs-Richtlinie werden die Basis-Verhältniszahlen nach Anlage 5 mit einem Morbiditätsfaktor modifiziert. Durch einvernehmlichen Beschluss der KV der Landesverbände und der Ersatzkassen (Landesvertretung des vdek) kann aber vom Morbiditätsfaktor im begründeten Fall abgewichen werden. Damit würde ein solcher Beschluss zu den regionalen Besonderheiten gehören, der auch entsprechend zu behandeln wäre.

Der Morbiditätsfaktor hat in der Bedarfsplanungs-Richtlinie formal die bisherige Konzentration auf den Demografiefaktor abgelöst, allerdings den weiterentwickelten Demografiefaktor mit übernommen.

Abweichend von dem im wissenschaftlichen Gutachten von Oktober 2018 vorgeschlagenen regressionsbasierten Ansatz zur Abbildung der Morbidität hat der Gemeinsame Bundesausschuss einen "zellen-basierten Ansatz" beschlossen und damit den bisher bestehenden Demografiefaktor deutlich weiterentwickelt. Hintergrund dieser Entscheidung sind die Ergebnisse des Gutachtens, die nahelegen, dass ein erheblicher Anteil der Morbidität der Bevölkerung bereits in der Vergangenheit durch den "zellen-basierten" Demografiefaktor erfasst wurde. Der Zugewinn an Genauigkeit durch einen regressionsbasierten Ansatz musste dem damit verbundenen Anstieg an Komplexität und den höheren Aufwänden auf Landes- und Bundesebene gegenübergestellt werden. In dieser Abwägung hat der Gemeinsame Bundesausschuss entschieden, dass eine differenzierte Abbildung von Alter, Geschlecht und insbesondere der Morbidität in einen zellen-basierten Ansatz einen ausreichenden Zugewinn an Zielgenauigkeit in der Planung mit sich bringt. Auch die Gutachter stellten fest, dass ein großer Anteil von Leistungsbedarfsunterschieden durch Alter, Geschlecht und Morbidität erklärt werden kann.

Zielsetzung des Morbiditätsfaktors ist zum einen, (analog zum bisherigen Demografiefaktor) eine Veränderung der Demografie im Zeitverlauf abzubilden, und zum anderen, die Unterschiede in der regionalen Morbiditätsstruktur im Vergleich zum Bundesdurchschnitt auszugleichen. Der Morbiditätsfaktor trägt damit der Annahme Rechnung, dass eine höhere Morbidität mit einem höheren Bedarf an ambulant tätigen Leistungserbringern einhergeht. In Regionen mit einer im regionalen und zeitlichen Vergleich höheren Morbidität wurden daher die Allgemeinen Verhältniszahlen abgesenkt, sodass sich das für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung erforderliche Ärzte-Soll erhöhte. In Regionen mit einer im regionalen und zeitlichen Vergleich geringeren Morbidität werden dagegen vergleichsweise weniger Ärzte benötigt und die Verhältniszahlen entsprechend erhöht. Der Morbiditätfaktor adressiert somit regionale sowie zeitliche Unterschiede in der Morbiditätsstruktur. Ein Vergleich der Morbidität auf der Grundlage von Diagnosen aus ambulanten Abrechnungsdaten im Zeitverlauf kann zu Verzerrungen und Verschiebungen führen, die in keinem oder geringem Zusammenhang mit der Veränderung der Morbidität stehen, sondern z. B. auf saisonalen Schwankungen, Kodiereffekten, Veränderungen im ICD-10-Katalog, die Einführung von Kodierrichtlinien oder Veränderungen im Vergütungssystem (wie z. B. durch eine Reform des EBM) zurückzuführen sind. Ein Vergleich der Morbidität anhand von ambulanten Diagnosen sollte deshalb lediglich auf Grundlage desselben Zeitraums geschehen. Aus diesem Grunde wählte der Gemeinsame Bundesausschuss ein zweistufiges Vorgehen, bei dem regionale und zeitliche Veränderungen der Morbiditätsstruktur getrennt betrachtet werden.

Die Modifikation der Basis-Verhältniszahlen erfolgt nach § 9 Abs. 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie in 2 Schritten. Die Ermittlung der Allgemeinen Verhältniszahlen erfolgt nach den Abs. 4 bis 7, die Ermittlung der regionalen Verhältniszahlen nach den Abs. 8 bis 10.

Nach Abs. 4 werden die Basis-Verhältniszahlen aufgrund der bundesweiten Veränderung der Alters- und Geschlechtsstruktur im Zeitverlauf angepasst. Dazu werden die Einwohnerzahlen des Statistischen Bundesamtes bundesweit jeweils nach 4 Altersgruppen (<20, 20 bis <45, 45 bis <75, 75 und älter) und dem Geschlecht (m, w) in insgesamt 8 Altersgruppen und Geschlechtsgruppen eingeteilt. Sie bilden die Bevölkerungsanteile der jeweiligen Alters- und Geschlechtsgruppe ab und werden als allgemeine Alters- und Geschlechtsfaktoren bezeichnet. Sie werden für die Arztgruppe der Frauenärzte auf der Basis der Frauen berechnet. Bei den anderen Arztgruppen werden Frauen und Männer gezählt. Für die Arztgruppen der Kinder- und Jugendärzte und Kinder- und Jugendpsychiater erfolgt die Berechnung bezogen auf Minderjährige, d. h. Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, differenziert nach Geschlecht. Die Alters- und Geschlechtsfaktoren werden in stichtagsbezogene Alters- und Geschlechtsfaktoren nach Nr. 1 und aktuelle Alters- und Geschlechtsfaktoren nach Nr. 2 unterschieden. Bei Nr. 1 gelten die stichtagsbezogenen Alters- und Geschlechtsfaktoren nach Anlage 4.1., ermittelt zum Stichtag 31.12.2010, bei Nr. 2 werden die ...

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