Rz. 4

Lehnen die Landesverbände der Pflegekassen den Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 ab, so steht dem betroffenen Träger der Pflegeeinrichtung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offen (Abs. 2 Satz 1).

 

Rz. 5

Während die Annahme eines Vertragsangebotes nach wohl herrschender Auffassung eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung darstellt, handelt es sich nach der Rechtsprechung bei der Ablehnung eines Vertragsabschlusses durch die Landesverbände der Leistungsträger um einen Verwaltungsakt. (BSG, Urteil v. 6.8.1998, in: Breithaupt 1999 S. 746, 748). Entsprechendes wird in Fällen angenommen, in denen dem Leistungserbringer die Zulassung aufgrund der von ihm in Anspruch genommenen Bestandsschutzregelungen des Abs. 3 versagt wird (BSGE 31 S. 252, 254)

Die Rechtsprechung folgert dies vor allem aus § 73 Abs. 2 Satz 2 und tritt damit der teilweise im Schrifttum gegenteilig vertretenen Auffassung (vgl. hierzu u. a. Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, SGB XI, § 73 Rz. 9) ausdrücklich entgegen. Soweit nach dieser Vorschrift im Falle einer Klage gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrages ein Vorverfahren nicht stattfindet und der Klage keine aufschiebende Wirkung zukommt, machen beide Regelungen nach der Rechtsprechung nur unter der rechtlichen Annahme Sinn, dass die Ablehnung eines Versorgungsvertrages die Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes besitzt. Der Annahme eines Verwaltungsaktes stehe auch nicht entgegen, dass es hier für den Erlass eines Verwaltungsaktes an einer Behörde im bürokratischen oder organisatorischen Sinne fehle. Offensichtlich sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Landesverbände der Pflegekassen bei der Erfüllung der ihnen gemeinsam übertragenen Aufgaben insgesamt als Entscheidungsträger ohne gemeinsame örtliche Verwaltungsstelle handelten (vgl. BSG, a. a. O. unter Hinweis auf die insoweit vergleichbare Rechtsprechung im Krankenhausbereich). Diese Auffassung ist in ihrer Begründung nicht überzeugend. Nicht hinreichend berücksichtigt wird, dass sich die Vertragspartner eines Versorgungsvertrages rechtlich gleichgeordnet gegenüberstehen (so auch BSG, Urteil v. 24.11.1987, 3 RK 13/87, bezüglich des Verhältnisses der Krankenkassen zu den Krankenhausträgern) und ein hoheitliches Handeln durch Verwaltungsakt im Rahmen gleichgeordneter Rechtsbeziehungen ausscheidet. Für den Rechtscharakter einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung auch bei Ablehnung eines Versorgungsvertrages spricht aber vor allem die zur Konfliktlösung in § 81 aufgenommene Verfahrensregelung. Kommt eine Einigung zwischen den Parteien des Versorgungsvertrages ganz oder teilweise nicht zustande, so ist nach Maßgabe des § 81 i. V. m. § 213 Abs. 2 SGB V eine Mehrheitsentscheidung herbeizuführen, bei deren Träger es sich nicht um eine Behörde i. S. d. Begriffsbestimmung des § 31 SGB X handelt.

 

Rz. 6

Geltend zu machen hat der Träger der Pflegeeinrichtung sein Recht auf Abschluss eines Versorgungsvertrages gegebenenfalls im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG). Die Klage ist gegen die Landesverbände der Krankenkassen zu richten; diese sind nach der Rechtsprechung in Streitigkeiten, in denen es um die Aufgaben der Landesverbände der Pflegekassen geht, passiv legitimiert (vgl. im Einzelnen zur Stellung der Landesverbände der Pflegekassen und deren Abgrenzung zu den Landesverbänden der Krankenkassen auch die Komm. zu § 52 und zu § 72). Der Durchführung eines Vorverfahrens bedarf es vor Klageerhebung nicht (Abs. 2 Satz 2 HS 1). Diese Regelung dient ihrem Normzweck nach der Verfahrensbeschleunigung (zum Vorverfahren als Klagevoraussetzung vgl. § 78 SGG). Problematisch ist, ob ein Vorverfahren auch dann entbehrlich ist, wenn sich die Pflegeeinrichtung gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrages unter Bestandsgesichtspunkten zur Wehr setzt (vgl. Rz. 9).

 

Rz. 7

Der Klage gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Pflegekassen kommt keine aufschiebende Wirkung zu (Abs. 2 Satz 2 HS 2). Dem Träger der Pflegeeinrichtung wird damit eine vorläufige Teilnahme an der pflegerischen Versorgung bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch die Sozialgerichte verwehrt. Diese Regelung war nach Auffassung des Gesetzgebers notwendig, um zu verhindern, dass Leistungsanbieter, die erkennbar nicht die Voraussetzungen für eine Zulassung zur ambulanten oder stationären Pflege erfüllen, der Pflegeversicherung durch einseitige Erklärungen einen(vorläufigen) Versorgungsvertrag aufzwingen können. (vgl. BR-Drs. 505/93 S. 137).

Der Regelung des Abs. 2 Satz 2 HS 2 kommt nur deklaratorische Bedeutung zu, da die aufschiebende Wirkung bei Ablehnung von Versorgungsverträgen als Instrument des vorläufigen Rechtsschutzes schon begrifflich ausscheidet. Die gesetzliche Anordnung der "aufschiebenden Wirkung" verhindert ausschließlich Eingriffe in bereits bestehende (rechtlich geschützte) Positionen. Demgegenüber greift die von ihr ausgehende Rechtswirkun...

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