Rz. 55

Das Mutterschaftsgeld hat "Entgelt"-Ersatzfunktion. Es soll den Verdienst-/Einkommensausfall ausgleichen, der einer Frau entsteht, die infolge der Schutzfristen bzw. der Phase der besonderen Schutzbedürftigkeit nicht arbeiten kann. Deshalb soll eine Frau, die für einen gewissen Zeitraum weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen erhält, durch den Bezug von Mutterschaftsgeld nicht bevorteilt werden (BSG, Urteil v. 8.3.1995, 1 RK 10/94). Während der Zeit eines unbezahlten Urlaubs kann somit kein Mutterschaftsgeld beansprucht werden,- und zwar auch dann nicht, wenn die werdende Mutter nach § 192 Abs. 2 Mitglied einer Krankenkasse ist. Sobald aber der unbezahlte Urlaub endet, entsteht ab dem Folgetag ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld (vgl. BSG, Urteil v. 17.2.2004, B 1 KR 7/02 R; ferner: BAG, Urteil v. 25.2.2004, 5 AZR 160/03; vgl. auch Abschn. 9.2.2.3.2 des GR v. 06.12.2017-II i.d.F. v. 23.03.2022 sowie Bay. LSG, Urteil v. 15.11.2001, L 4 KR 51/99, rechtskräftig). Voraussetzung ist natürlich, dass die Frau am Tag nach dem unbezahlten Urlaub aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist.

 
Praxis-Beispiel
 
Versicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmerin seit 1.10.2016 bis a.w.
Geburt des ersten Kindes am 17.8.2018
Mutterschaftsgeld vom 6.7.2018 bis 11.10.2018
Elternzeit vom 12.10.2018 bis 16.8.2021
Unbezahlter Sonderurlaub, damit sich die Mutter noch weiter um die Erziehung ihres Kindes kümmern kann, für die Zeit vom 17.8.2021 bis 31.12.2021
Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 SGB V wegen eines unbezahlten Urlaubs während einer bestehenden Schwangerschaft aufgrund einer am 5.2.2021 zu erwartenden neuen Entbindung ab 17.8.2021 bis 31.12.2021
Geplante Arbeitswiederaufnahme nach Beendigung des unbezahlten Urlaubs am 1.1.2022
Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG wegen der zu erwartenden Entbindung des "zweiten Kindes" am 25.12.2021
Geburt des "zweiten" Kindes (keine Frühgeburt) am 5.2.2022

Lösung:

Das Mutterschaftsgeld wird ab der geplanten Arbeitsaufnahme (1.1.2022) bis zum 2.4.2022 gezahlt – und zwar vom 1.1. bis 4.2.2022 (35 Tage) vor der Entbindung, für den Entbindungstag (5.2.2022) und vom 6.2. bis 2.4.2022 (= 56 Tage nach der Entbindung). Die Zeit des unbezahlten Urlaubs verlängert somit die grundsätzliche Anspruchsdauer für das Mutterschaftsgeld nicht über die nachgeburtliche Schutzfrist hinaus.

 

Rz. 56

Der Arbeitgeber ist i. d. R. nicht verpflichtet, einer vorzeitigen Beendigung eines unbezahlten Urlaubs zuzustimmen, damit die Frau das Mutterschaftsgeld in Anspruch nehmen kann (BAG, Urteil v. 6.9.1994, 9 AZR 221/93). Dieser unbezahlte Urlaub ist nicht zu verwechseln mit der Elternzeit, die von der Frau auch ohne Zustimmung ihres Arbeitgebers vorzeitig mit Beginn der Schutzfrist wegen des "zweiten" Kindes beendet werden kann (§ 16 Abs. 3 BEEG).

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