0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz – TSVG) v. 6.5.2019 (BGBl. I S. 646) mit Wirkung zum 11.5.2019 eingeführt worden. Durch das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) v. 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) sind mit Wirkung zum 1.1.2020 in Abs. 10 Satz 8 die Wörter "Satz 4 und 5" durch die Wörter "Satz 5 und 6" ersetzt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Nach der Begründung zum TSVG setzt eine bedarfs- und zukunftsgerechte Gesundheitsversorgung voraus, dass die ambulante und stationäre Leistungserbringung möglichst weitgehend aufeinander abgestimmt sind. Dabei sind ein gutes Zusammenwirken und die Vernetzung der verschiedenen Akteure über die Sektoren hinweg für eine bedarfsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten von hoher Bedeutung. Da in den Bereichen Krankenversicherung und Krankenhauswesen die Selbstverwaltungspartner eine Vielzahl von gesetzlichen Aufträgen im Vereinbarungswege umzusetzen haben, sind gut funktionierende Schiedsregelungen von zentraler Bedeutung, damit die von der Selbstverwaltung zu treffenden Entscheidungen effektiv, zeitnah und rechtssicher umgesetzt werden können. Dies gilt vor allem für den Bereich dreiseitiger Vereinbarungen zwischen der Ärzteschaft, den Krankenkassen und der Krankenhausseite zur Ausgestaltung sektorenübergreifender Versorgungsangebote, bei denen vor Einführung der Vorschrift aufgrund der unterschiedlichen Grundprinzipien der Leistungserbringung und -abrechnung in der stationären und in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung eine Einigung der Vertragsparteien regelmäßig nur schwer herbeigeführt werden konnte.

Die bis 10.5.2019 bestehenden gesetzlichen Regelungen zu den Schiedsverfahren bei dreiseitigen Vereinbarungen zeigten eine historisch gewachsenen Heterogenität auf, die sach- und interessengerechte Lösungen häufig erschwerte Die Lösung dreiseitiger Konflikte wurde dabei bislang bestehenden "bipolar" ausgerichteten Gremien zugewiesen, die personell jeweils unterschiedlich aufgestockt wurden. Dabei wurden insbesondere das Schiedsamt nach § 89 und die Landesschiedsstelle nach § 114 in den entsprechenden Konstellationen erweitert. Gerade bei mehrpoligen Verhältnissen ist jedoch eine gleichmäßige Berücksichtigung der beteiligten Interessen notwendig. Die bloße Modifizierung der betreffenden bipolaren Gremien aus dem ambulanten oder stationären Bereich ist im sektorenübergreifenden tripolaren Bereich nicht sachgerecht. Ein Gremium, das den Konflikt einer dreiseitigen Vereinbarung lösen soll, muss die Interessen aller Vertrags- bzw. Vereinbarungspartner ausgeglichen berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund sind mit der Vorschrift die Konfliktlösungsinstrumente für den dreiseitigen Bereich weiterentwickelt und ein eigenständiges sektorenübergreifendes Schiedsgremium für sektorenübergreifende Entscheidungen eingerichtet worden, das für Konfliktlösungen im dreiseitigen Bereich zuständig ist. Damit wurden die bisherigen unterschiedlichen Konstellationen und damit verbundenen Probleme und Unsicherheiten beseitigt und im Sinne der Rechtssicherheit einheitliche und klare Regelungen geschaffen. Die Eigenständigkeit der sektorenübergreifenden Schiedsgremien machte es aber erforderlich, dass zahlreiche gesetzliche Regeln im § 89a wiederholt werden mussten, die für den schiedsamtlichen Bereich des § 89 gelten.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung sektorenübergreifender Versorgung und damit verbundener dreiseitiger Vertrags- und Beschlusskonstellationen wurden in dem Schiedsgremium für sektorenübergreifende Entscheidungen zur Konfliktlösung sektorenspezifische Kompetenzen gebündelt und eine sachgerechte, interessengerechte und zügige Konfliktlösung sichergestellt, wobei auch die Rolle und Bedeutung der Aufsicht gestärkt wurde. Das neue, auf dreiseitige Problematiken spezialisierte, sektorenübergreifende Schiedsgremium beendete damit die uneinheitlichen Regelungen, personellen Aufstockungen und Unterschiede bezüglich der Mehrheitsverhältnisse, der Beschlussfassung und der Stimmverhältnisse.

 

Rz. 3

Die neue Vorschrift basiert im Grundsatz auf den Erkenntnissen aus dem vom BMG 2017 in Auftrag gegebenen Gutachten "Konfliktlösungsinstrumente bei dreiseitigen Verträgen und Beschlüssen der Selbstverwaltung im System der gesetzlichen Krankenversicherung" von Frau Prof. Dr. Dagmar Felix, Universität Hamburg. In diesem Gutachten war vorgeschlagen worden, ein "sektorenübergreifendes Entscheidungsgremium" zu schaffen, welches für alle dreiseitigen Konflikte auf Bundes- oder Landesebene zuständig ist. Die Rechtslage werde hierdurch deutlich vereinfacht, weil jegliche Modifizierung anderer Gremien entfällt. Nach der Gutachtenbegründung trage das neue Gremium der zunehmenden Bedeutung der sektorenübergreifenden Versorgung Rechnung und, weil es nur aus 8 Mitgliedern bestehe, könne das Entscheidungsgremium entsprechende sektorenspezifische Kompetenz erwerben und eine sachgerechte, interessenger...

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