0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) v. 9.12.2019 (BGBl. I S. 2562) mit Wirkung zum 19.12.2019 eingeführt. Den Krankenkassen wird ermöglicht, Versorgungsinnovationen zu fördern.

 

Rz. 1a

Art. 1 Nr. 6a des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) hat mit Wirkung zum 20.10.20 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 neu gefasst. Die Beratungsbefugnis der Krankenkassen wird auf weitere individuelle geeignete Versorgungsleistungen erweitert. Die Versicherten können der Unterbreitung von Informationen und Angeboten jederzeit schriftlich oder elektronisch widersprechen.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Förderung von Versorgungsinnovationen ermöglicht es, die Versorgung bedarfsgerecht zu entwickeln und passende Verträge mit Leistungserbringern abzuschließen. Die Krankenkassen können ein umfassendes individualisiertes und am Bedarf orientiertes Beratungsangebot entwickeln und ihren Versicherten anbieten.

2 Rechtspraxis

2.1 Versorgungsinnovationen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die Krankenkassen sind ermächtigt, Versorgungsinnovationen zu fördern (Satz 1). Sie können dazu auf vorhandene Sozialdaten zurückgreifen und ihren Versicherten individuelle und bedarfsgerechte Angebote unterbreiten. Die Versorgungsinnovationen sollen insbesondere ermöglichen,

  • die Versorgung der Versicherten anhand des Bedarfs, der sich aus vorhandenen Sozialdaten ergibt, weiterzuentwickeln und
  • passende Verträge mit Leistungserbringern abzuschließen

(Satz 2). Die Aufzählung ist nicht abschließend. Weitere Förderziele sind möglich. Entsprechende Angebote seitens der Krankenkassen und eine Information der Versicherten ergeben wichtige zusätzliche Impulse für die Fortentwicklung der Versorgung. Einzelverträge mit Leistungserbringern (z. B. nach § 140a) können stärker am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet und zur Förderung von Innovation genutzt werden. Eine erweiterte Kompetenz zum Abschluss von Verträgen geht mit der Regelung nicht einher.

 

Rz. 3a

Der Datenauswertung sollen (neue) Erkenntnisse über Bedarfe folgen (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 68b Rz. 9, Stand: 4.11.2020). Diese Erkenntnisse sollen in Vertragsabschlüsse mit Leistungserbringern münden. Diese wiederum sollen zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten führen.

 

Rz. 4

Ein Eingreifen in die ärztliche Therapiefreiheit oder eine Beschränkung der Wahlfreiheit der Versicherten (z. B. aus Wirtschaftlichkeit) ist nicht zulässig (Satz 3).

 

Rz. 5

Um individuelle und bedarfsgerechte Versorgungsangebote zu entwickeln und Versicherte dafür zu gewinnen, können die bei den Krankenkassen vorhandenen Sozialdaten (§ 284 Abs. 1) im erforderlichen Umfang ausgewertet werden (Satz 4). Dazu sind die Daten zu pseudonymisieren (Satz 5). Dabei werden der Name und andere Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen ersetzt, um die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren (§ 3 Abs. 6a BDSG). Die Daten sind zu anonymisieren, wenn den Zwecken der Datenauswertung auch mit anonymisierten Daten entsprochen werden kann (Satz 6). Dabei werden personenbezogene Daten derart verändert, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. An Dritte dürfen die Daten weder pseudonymisiert noch anonymisiert weitergegeben werden (Satz 7).

2.2 Beratung der Versicherten (Abs. 2)

 

Rz. 6

Die Krankenkassen können ihren Versicherten insbesondere Informationen zu individuell geeigneten Versorgungsinnovationen zur Verfügung stellen und entsprechende Versorgungsmaßnahmen anbieten (Satz 1). Darüber hinaus können die Krankenkassen auch über individuell geeignete Versorgungsleistungen informieren. Die Regelung ermöglicht eine individuelle Beratung des Versicherten (§ 14 SGB I). Ziel ist allein eine Verbesserung der Versorgung und die Förderung der Verbreitung von Versorgungsinnovationen wie etwa von digitalen Angeboten, die die Krankenkassen ihren Versicherten beispielsweise aufgrund von Modellvorhaben, Selektivverträgen, als digitale Gesundheitsanwendung oder Angebot der Prävention zur Verfügung stellen (BT-Drs. 19/13438 S. 47). Die Krankenkasse darf in diesem Zusammenhang weder in die ärztliche Therapiefreiheit eingreifen noch in die Wahlfreiheit der Versicherten eingreifen (Satz 2). Die Krankenkasse kommt damit ihrer Beratungspflicht nach und unterbreitet ein Angebot. Der Versicherte ist frei, das Angebot abzulehnen. Mitwirkungspflichten mit entsprechenden Sanktionen (§§ 60 ff. SGB I) sind damit nicht verbunden.

 

Rz. 6a

Innovative Versorgungsansätze können jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn sie nicht neben bestehenden Versorgungsstrukturen platziert, sondern in den Versorgungsalltag integriert werden (BT-Drs. 19/20708 S. 165 f.). Um Synergien mit bestehenden Versorgungsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen nutzen zu können,...

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