0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) mit Wirkung zum 20.10.2020 in das SGB V eingefügt. Das PDSG hat mit den neuen Kapiteln 11 und 12 die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Ferner werden sie weiterentwickelt und im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben differenziert ausgestaltet. § 323 übernimmt das bisher in § 291b Abs. 1c Satz 1 und 2 enthaltene geltende Recht. Geregelt ist die Beteiligung von Dritten mit operativen Betriebsleistungen (Schnittstellen, Komponenten und Dienste) an der Telematikinfrastruktur.

 

Rz. 1a

Art. 1 Nr. 35 des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1309) hat mit Wirkung zum 9.6.2021 in Abs. 2 die Sätze 3 bis 10 angefügt. Wenn die gematik ihre eigenen Komponenten und Dienste zulassen müsste, soll die Sicherheit durch ein externes Sicherheitsgutachten und die Einbindung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BfSI) gewährleistet werden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Betriebsleistungen der Telematikinfrastruktur (Schnittstellen, Komponenten und Dienste) werden nicht von der Gesellschaft für Telematik (gematik), sondern von Anbietern in einem öffentlichen Vergabeverfahren oder aufgrund erteilter Zulassung erbracht (BT-Drs. 16/3100 S. 174; 18/5293 S. 49). Die gematik trägt dabei die Betriebsverantwortung, weil die Leistungen auf der Grundlage von ihr zu beschließender Rahmenbedingungen zu erbringen sind. Bei beiden Verfahrensweisen ist sicherzustellen, dass die Auswahl des Betreibers in einem marktoffenen und diskriminierungsfreien Verfahren erfolgt. Die Zulassung kann mit Nebenbestimmungen (§ 32 SGB X) versehen werden. Die gematik selbst darf grundsätzlich keine operativen Betriebsleistungen übernehmen. Im Ausnahmefall kann die gematik einzelne Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur selbst betreiben.

2 Rechtspraxis

2.1 Definition (Abs. 1)

 

Rz. 3

Betriebsleistungen sind auf der Grundlage der von der gematik festzulegenden Rahmenbedingungen (§ 306 Abs. 3; Schutz personenbezogener Daten in der Telematikinfrastruktur) zu erbringen. Die gematik selbst darf grundsätzlich keine operativen Betriebsleistungen übernehmen. Diese Leistungen sind vielmehr von Anbietern auf der Basis von Aufträgen oder Zulassungen nach Auftragsvergabe (Abs. 2) zu erbringen. Die gematik übernimmt lediglich die Betriebsverantwortung, indem sie die Rahmenbedingungen beschließt, deren Einhaltung überwacht und Sicherstellungsaufgaben für den Betrieb übernimmt (z. B. das Monitoring der Netze).

 

Rz. 3a

Der Begriff der Betriebsleistungen ist im Gesetz nicht definiert. Gemeint sind die operativen Betriebsleistungen in der Telematikinfrastruktur wie z. B. die VPN-Zugangsdienste, die Signaturdienste oder das Aktensystem der elektronischen Patientenakte (Freudenberg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 323 Rz. 12 m. w. N.).

2.2 Aufträge, Zulassungen (Abs. 2)

 

Rz. 4

Zur Durchführung des Betriebs der Telematikinfrastruktur vergibt die gematik Aufträge oder erteilt in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren Zulassungen (Satz 1). Beim Zulassungsverfahren haben Anbieter von Betriebsleistungen einen Anspruch auf Zulassung, wenn

  • die zu verwendenden Komponenten und Dienste nach Maßgabe von § 311 Abs. 6 und § 325 zugelassen sind,
  • der Anbieter den Nachweis erbringt, dass die Verfügbarkeit und Sicherheit der Betriebsleistung gewährleistet ist, und
  • der Anbieter sich vertraglich verpflichtet, die Rahmenbedingungen für Betriebsleistungen der gematik einzuhalten.

Führt das Zulassungsverfahren nicht zu einer ausreichenden Zahl von Anbietern, sind zur Durchführung operativer Betriebsleistungen Aufträge zu vergeben (BT-Drs. 16/3100 S. 174 zu § 291b). Damit ist wieder das öffentliche Vergaberecht anzuwenden.

 

Rz. 5

Mit Teilaufgaben der Gesellschaft für Telematikgematik können einzelne Gesellschafter (ausgenommen die Bundesrepublik Deutschland) oder Dritte beauftragt werden (§ 311 Abs. 5). Die Beauftragten sind dann für die Vergabe und für die Erteilung der Zulassung zuständig (Satz 2). Die Gewährleistungsverantwortung der gematik für Interoperabilität, Kompatibilität und Sicherheit der Telematikinfrastruktur bleibt erhalten.

 

Rz. 6

Bei der Vergabe jeglicher Aufträge durch die gematik unterhalb der Schwellenwerte (§ 106 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) ist die Unterschwellen-Vergabeordnung anwendbar (§ 311 Abs. 7 Satz 1). Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) regelt das Verfahren zur Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte (EU-Schwellenwerte). Die ab Januar 2020 geltenden Schwellenwerte wurden am 31.10.2019 im Amtsblatt der EU (2019/L279/23 ff.) veröffentlicht und gelten für die Jahre 2020 und 2021. Ein mögliches Vergabeverfahren ist die Verhandlungsvergabe (§ 8 UVgO). Ist dieses Format durch ein Bundes- oder Land...

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