Rz. 3

Nach Abs. 1 Satz 1 haben Versicherte, die gleichzeitig mindestens 2 verordnete Arzneimittel anwenden, ab dem 1.10.2016 Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans in Papierform. Ab dem 9.6.2021 besteht aufgrund der Erweiterung durch das DVPMG (vgl. Rz. 1e) auch ein Anspruch auf Erstellung eines elektronischen Medikationsplans nach § 334 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4. Ziel ist es, dem Versicherten einen umfassenden bundeseinheitlichen Medikationsplan (Bundesmedikationsplan – BMP) zur Verfügung zu stellen, auf dem seine aktuelle Gesamtmedikation übersichtlich und patientenverständlich abgebildet ist. Verhindert werden soll zugleich, dass ihm nicht von verschiedenen Ärzten mehrere gleichzeitig gültige Medikationspläne ausgestellt werden. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass die ärztliche Betreuung und Koordination diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen des Versicherten in der Regel durch den Hausarzt durchgeführt wird (BT-Drs. 18/5293 S. 37). Folglich richtet sich der Anspruch auf Erstellung und Ausstellung des Medikationsplans in erster Linie gegen ihn.

 

Rz. 4

Gemäß Abs. 1 Satz 2 hatten die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bis zum 30.6.2016 das Nähere zu den Voraussetzungen des Anspruchs zu vereinbaren (Satz 2). Diese Vereinbarung ist am 21.9.2016 unterzeichnet worden. Enthalten sind darin unter anderem neben Vorgaben zu Inhalt und Struktur, zu Erstellung und Aktualisierung sowie einem Verfahren zur Fortschreibung des Medikationsplans auch eine technische Spezifikation zur elektronischen Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans. Die technische Spezifikation basiert auf den fachlichen Vorgaben eines Medikationsplans, der im Rahmen der vom Bundesgesundheitsministerium initiierten Aktionspläne Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) entwickelt. Nach Art. 1 der Vereinbarung wird ein neuer § 29a mit dem Titel Medikationsplan in den Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) aufgenommen. Nach § 29a Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä haben Vertragsärzte auf Verlangen des Versicherten einen Medikationsplan in Papierform zu erstellen, dem Versicherten zu erläutern und an den Versicherten auszuhändigen, sofern der Versicherte dauerhaft gleichzeitig mindestens 3 zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnete systemisch wirkende Arzneimittel anwendet und die Anwendung nicht durch den Arzt erfolgt. Unter systemisch wirkenden Arzneimitteln werden i. S. d. § 29a Arzneimittel verstanden, deren Hauptwirkung systemisch ist oder die gegebenenfalls wesentliche systemische Begleitwirkungen haben, zum Beispiel Inhalativa zur Behandlung von COPD oder Asthma, Augentropfen zur Glaukombehandlung. Nach Abs. 1 Satz 3 ist von einer dauerhaften Anwendung auszugehen, wenn ein Arzneimittel zum Erreichen des Therapieziels über einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen angewendet wird. Nach Abs. 1 Satz 4 ist eine Gleichzeitigkeit gegeben, sofern die Anwendung oder die pharmakologische Wirkung am gleichen Tag erfolgt. Ist Gleichzeitigkeit erst in Zukunft gegeben, kann ein Medikationsplan erstellt und ausgehändigt werden.

 

Rz. 5

Der Anspruch umfasst die verordneten Medikamente. Das sind zunächst die verschreibungspflichtigen Arzneimittel im Sinne von 48 AMG. Folglich werden Arzneimittel, die sich der Versicherte ohne ärztliche Verordnung verschafft und die ohne eine solche Verordnung abgegeben werden (OTC-Präparate), zunächst nicht erfasst. Da allerdings nach Abs. 2 Nr. 2 auch Arzneimittel, die der Versicherte ohne Verschreibung anwendet, zu dokumentieren sind, sind derartige Präparate zu dokumentieren, wenn der Patient dem Arzt die Einnahme offenbart (so auch § 29a Abs. 2 Satz 3). Unabhängig davon muss sich der Hausarzt ebenso wie der behandelnde Facharzt gemäß § 8 Abs. 4 der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vor einer Verordnung eines Arzneimittels über die bisherige Medikation des Versicherten, insbesondere auch über eine Selbstmedikation, informieren.

 

Rz. 6

Soweit Ärzte den Versicherten neben dem Hausarzt behandeln, haben sie dem Hausarzt gemäß § 73 Abs. 1b unter anderem auch die Informationen zu Arzneimittelverschreibungen zu übermitteln. Dem Hausarzt liegen damit aufgrund seiner Koordination- und Dokumentationsleistungen die für die Erstellung und spätere Aktualisierung eines Medikationsplans erforderlichen Informationen zum Versicherten vor, sodass auch der Medikationsplan in der Regel durch den Hausarzt erstellt und aktualisiert werden kann (BT-Drs. 18/5293 S. 37).

 

Rz. 7

Abs. 1 Satz 3 verpflichtet jeden an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt, bei der Verordnung eines Arzneimittels den Versicherten, der einen Anspruch nach Satz 1 hat, über diesen Anspruch zu informieren. Dadurch wird sichergestellt, dass auch der Versicherte, der keinen Hausarzt hat und nur einen Facharzt in Anspruch nimmt, ebenfalls einen Medikationsplan erhält. Nach § 29a Abs. 5 Satz 2 BMV-Ä können weitere Vertragsärzte den Medikationsplan aktualisieren, sobald die Medikati...

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